Originaltitel: Fatti di gente perbeneIT, FR | 1974 | 120 Min.
IMDb-Bewertung: 6,4 von 10
Ein weiteres historisches Drama von Mauro Bolognini, dem »zweiten Visconti« des italienischen Kinos. Wie sein berühmter Kollege schafft es Bolognini, der Anfang der 1960er-Jahre oft mit Pasolini zusa mmengearbeitet hat, immer wieder, die Atmosphäre einer ganzen Epoche heraufzubeschwören, ohne dabei die sozialen Umstände zu vergessen. Wie schon METELLO, ist Die Affäre Murri um die Jahrhundertwende in Italien angesiedelt, genauer gesagt, in Bologna. Das Drehbuch basiert auf Tatsachen, die sich in italienischen Gerichtsakten finden, auf einem Prozess, der ganz Italien in Aufruhr versetzte und ein tiefes Misstrauen in die Justiz als ein Instrument politischer Macht schuf. Tullio Murri (Giannini), Sohn aus w ohlhabendem Hause und als Freund sozialistischer Ideen bekannt, tötet seinen Schwager, um seine Schwester (Deneuve) aus ihrer unglücklichen Ehe zu befreien. Der darauf folgende Prozess, in dem Murri und seine Schwester, deren Geliebter sowie zwei weitere K omplizen zu langen Haftstrafen verurteilt werden, wird von konservativen Politikern beeinflusst und zur Plattform für ihre Attacken gegen politisch Andersdenkende umfunktioniert. Diese erschütternde Episode italienischer Politik wird von Bolognini und sein em Kameramann Ennio Guarnieri in ein faszinierendes, visuell überwältigendes Zeitdokument verwandelt, das nicht nur hervorragend ausgestattet ist (von Guido Lossia), sondern auch von einer brillanten Besetzung mit Hingabe gespielt wird. Catherine Deneuve i st hier übrigens ausnahmsweise mit ihrer natürlichen braunen Haarfarbe zu sehen.
