Träumen Sie eigentlich manchmal davon, das deutsche Team als Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier zu vertreten?

Anna Schaffelhuber: Nein, darüber habe ich mir nicht wirklich Gedanken gemacht. Natürlich wäre es eine große Ehre die deutsche Fahne beim Einmarsch tragen zu dürfen. Bei den letzten Spielen war aber schon eine Alpine dran, sodass der Job diesmal höchstwahrscheinlich von einem nordischen Athleten übernommen wird. Sollte es so kommen, freue ich mich natürlich, falls nicht: Die Eröffnungsfeier ist so oder so eines der ganz großen Highlights.

Sind Sie bei der Eröffnungsfeier auch dabei, wenn Sie den Job nicht bekommen - schließlich steht am Morgen danach ihr erster Wettkampf an?

Ja, ich denke, dass ich auf jeden Fall wieder dabei sein werde. In Sotschi hatte ich mich bewusst dafür entschieden, trotz des Zeitaufwands zur Eröffnungsfeier zu gehen. Mir hat es einfach gut getan, dass ich nochmal abschalten und den Moment genießen konnte. Ich wollte mich bewusst ablenken und freue mich schon jetzt wahnsinnig auf die Feier.

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Sie haben im letzten Jahr einige Dinge ausprobiert, was ihren Monoski betrifft. Was beispielsweise? Und wie wichtig ist die Tüftelei für den Erfolg?

Ich denke, dass es sehr wichtig ist, nicht immer in seinem Komfortbereich zu bleiben, sondern auch mal was neues auszuprobieren. Gerade dadurch lernt man ganz viel und nimmt was mit. Selbst wenn es am Ende nicht funktioniert, bleibt wenigstens die Erfahrung, dass es eben so nicht geht. Nur durch dieses ständige Ausprobieren kann man sich auch wieder neu fordern und weiterentwickeln. Wichtig ist aber auch, dass man neben dem Tüfteln nicht das Wesentliche, in meinem Fall das Skifahren vergisst. Ich setze mir immer einen gewissen Zeitraum dafür und konzentriere mich danach wieder auf mein Skifahren und Möglichkeiten, mich zu verbessern. Ich habe dieses Jahr zum Beispiel eine weichere Feder im Dämpfungselement eingebaut, die noch besser auf meinen Körper und das Gewicht abgestimmt ist.

Sie studieren Wirtschaft, Mathematik und Recht auf Lehramt - wie lässt sich die akademische Ausbildung mit einer paralympischen Saison in Einklang bringen?

Das ist tatsächlich nicht leicht und ist schon eine zusätzliche Belastung. Ich wollte mit dem Studium aber nicht gänzlich aussetzen, da mich das ziemlich zurückwerfen würde. Also mache ich dieses Jahr etwas weniger als normal - und vor allem solche Fächer und Arbeiten, bei denen ich nicht zwangsläufig in München sein muss, sondern auch vom Ausland aus arbeiten kann. Dabei werde ich auch super von der Ludwig-Maximilians-Universität München unterstützt. So arbeite ich oft schon früh morgens vor dem Training, oder abends danach. Freie Zeiten dienen mir so nicht ausschließlich zur körperlichen Regeneration da, sondern auch, um die Dinge an der Uni aufzuarbeiten.

In Sotschi haben Sie 2014 fünf Mal Gold geholt - was ist Ihre Zielsetzung für Pyeongchang?


Anna Schaffelhuber: Selbstverständlich ist meine Zielsetzung nach wie vor, dass ich nach ganz oben möchte. Realistisch muss man aber auch sehen, dass an dem Tag X alles perfekt passen muss: Du musst dich wohlfühlen und gut drauf sein, die Abstimmung mit dem Material, der Schnee, der Rennlauf muss dir liegen - und schließlich brauchst du auch das nötige Quäntchen Glück. Ich möchte wieder fünf Mal am Start stehen und alles versuchen nach ganz vorne zu kommen.

Die Paralympics in Pyeongchang sind vom 9. bis 18. März abwechselnd bei ARD und ZDF zu sehen. Anders als bei Olympia besitzt Eurosport keine Senderechte.