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Satire

Oliver Stone's W.

Pünktlich zur Amtseinführung Barack Obamas: Pro Sieben zeigt Oliver Stones Satire "W." Nach "JFK" und "Nixon" das dritte biografische Drama.

Foto: 2008 Lionsgate Entertainment, Oliver Stone's W
Nach "JFK" und "Nixon" hat der Regisseur nun Ex-Präsident George W. Bush ein biografisches Drama gewidmet.
Pro Sieben, Fr., 23.1.2009, 22.25 Uhr
Das ging schnell! Mit der Erstausstrahlung von "Oliver Stone's W." dürfte Pro Sieben einen Rekord aufstellen: Gerade mal drei Monate nach dem US-Kinostart der satirischen Filmbiografie des amerikanischen (Ex-) Präsidenten - und drei Tage nach dem Erscheinen der DVD - schmückt sich der Münchner Sender mit der TV-Premiere.

Wie das? Normalerweise vergehen mindestens 18 Monate, bis ein Film von der Leinwand ins Fernsehen darf. "Wegen der US-Wahl haben wir uns von Anfang an um einen frühen Sendetermin bemüht", sagt Pro-Sieben-Filmeinkäufer Rüdiger Böss. "Darum haben wir beim Lizenzgeber das Auswertungsfenster für Kino und DVD gleich mit übernommen und der gleichzeitigen Veröffentlichung auf DVD zugestimmt."
Sendehinweis:

Sendungstitel
Ein Schnellschuss ist auch der Film selbst: Schon zweimal hat Regie-Provokateur Oliver Stone einen Film über einen US-Präsidenten gedreht: "JFK - Tatort Dallas" und "Nixon". Nie jedoch handelte es sich um ein amtierendes Staatsoberhaupt, und nie verging von der Idee bis zum fertigen Film so wenig Zeit. Im Herbst 2007 war das Drehbuch fertig, im Januar hatte Stone die 25 Millionen Dollar für die Produktion zusammen.

Josh Brolin - ein Glücksgriff

Als Hauptdarsteller war zunächst Christian Bale vorgesehen, doch der sprang kurzfristig ab. Angst vor der eigenen Courage? Wer einen amtierenden Präsidenten als Witzfigur spielt, macht sich nicht nur Freunde. Schließlich bekam der eher unbekannte Josh Brolin ("American Gangster"!) den Job - ein Glücksgriff. "Josh gefiel mir in der Rolle sofort, denn er wirkt bodenständiger als Bale und sehr amerikanisch. Aber auch er hatte bei diesem Projekt die Hosen gestrichen voll", erinnert sich Oliver Stone.

Cineastischer Push für Obama

Sobald das Ensemble stand, drückte der das Gaspedal noch tiefer durch: Von Mai bis Juli wurde gedreht, und bereits am 17. Oktober war Premiere. Grund für die Eile: Der Film des erklärten Bush-Gegners sollte rechtzeitig zum Wahlkampf-Endspurt in den USA fertig sein: als cineastischer Push für den Demokraten Obama.

Der allerdings galt da ohnehin längst als haushoher Favorit. Als überflüssig empfand auch das Gros der US-Filmkritik das 110-Minuten-Opus. Man erfahre kaum etwas Neues über den scheidenden Präsidenten, das Herumreiten auf George W.s (angeblichem) Vaterkomplex sei psychologisch platt, die Inszenierung holprig.

Gags auf dem Niveau einer TV-Comedy-Show

Auch mit dem Humor konnten sich viele nicht anfreunden. Die Gags befänden sich auf dem Niveau einer besseren TV-Comedy-Show, befand ein Kritiker; und ein anderer schmähte "W." als "mäßig komischen Slapstick-Marathon". Eine Ausnahme bildete Filmpapst Robert Ebert: Er fand den Film "faszinierend", hob seine Faktentreue hervor und zeigte sich von den Leistungen der Schauspieler höchst angetan.

Das Publikum folgte Eberts Empfehlung nicht. Nach sechs Wochen hatte "W." gerade mal die Produktionskosten eingespielt. Kein Wunder, dass kein deutscher Kinoverleih Interesse zeigte - zumal zum frühstmöglichen Termin eines Kinostarts der US-Wahlkampf längst vorbei gewesen wäre.

Wenn Pro Sieben den Film am 23.1. zeigt, ist Obama seit drei Tagen im Amt und das Kapitel George W. Bush Geschichte.

Christian Holst