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Polizeiruf 110 – Hexen brennen: Esoterik und Wahnsinn zu Halloween

In ihrem neuen Fall verschlägt es Doreen Brasch (Claudia Michelsen) in die Provinz: Im Harz wurde, just zu Halloween, eine Frau ermordet. Die verkohlte Leiche liegt in der Asche eines Hexenfeuers ...

Alles da, was so ein rechter Halloween-Thriller benötigt: Masken, Fackeln, Dudelsäcke und reichlich Stimmen im Ohr. Das fiktive Harzstädtchen, Schauplatz für diesen Magdeburger "Polizeiruf 110", ist eine Geisterstadt. Oder sieht alles bloß so aus? Ziehen in Wahrheit irdische Übeltäter die Fäden? Wieder einmal gibt sich der Sonntagskrimi hier esoterisch - und wieder einmal spielt auch der wohlfeile Wahnsinn mit. Die Inquisition ist zurückgekehrt, der kranke Menschenverstand. Schon der Titel "Hexen brennen" lässt an dieser Fiktion keinerlei Zweifel.

Wie gut, dass in der herbeigeeilten Magdeburger Kommissarin (Claudia Michelsen) eine kompetente Aufklärerin zur Verfügung steht. Die gelernte Skeptikerin versteht es, vorurteilsfrei mit Esoterikerinnen ebenso wie mit ausgemachten Chauvis umzugehen. Dass die Männerrunde im Wirtshaus abweisend sagt: "Wir sind gerne mal allein!" und als Alleinstellungsmerkmal hinzufügt: "Wir haben alle einen Pimmel!" haut diese Frau jedenfalls nicht von den Socken. Zuvor schon hat sie die trauernde Wirtin (Gabriela Maria Schmeide) befragt, deren Tochter mit mittelalterlichen Folterwerkzeugen ermordet und dann verbrannt wurde am kultischen Ort im Felsenrund.

Auch hat sie sich eine ganz eigene Version des Märchens vom Aschenputtel erzählen lassen, in der ein Prinz die Frau verlässt, mit der er ein Kind gezeugt hat. Der Kommissarin fällt's nicht schwer, messerscharf darauf zu schließen, dass die Wirtin selbst das Aschenputtel war. Die Tochter hat sie geliebt, den verbliebenen Sohn gehasst - sie hätte ihn einstens gern abgetrieben.

Polizeiruf 110: Gefangen in dumpfer Männerwelt

Genug der Erzählerlei: Der vielfache "Tatort"- und "Polizeiruf"-Autor Wolfgang Stauch teilt die kleine Welt am Harz mit geradezu feministischer Energie in Gute und Böse ein, in eine dumpfe Männerwelt und die der naturverbunden, wenn womöglich auch abergläubischen Frauen. Zwei Engelskinder führen die Kommissarin durchs Örtchen. Sie fürchten weder Gott noch Teufel, obwohl sie Kinder der Pastorin sind. An jeder Haustüre prangt ein Drudenfuß zur Kennzeichnung des Bösen, Runen dienen als Abwehrzeichen. Der Wahnsinn ist hier nach Jahrhunderten zurückgekehrt

Wer gerne mehr Halloween-Horror hätte, muss sich mit auffliegenden, tot geglaubten Amseln und knurrenden Hunden begnügen, in die menschliche Geister gefahren sind. Mehr lässt das "Polizeiruf"-Budget der Regisseurin Ute Wieland nicht zu - allenfalls kann noch ein herzallerliebster Hexenladen im Fachwerkstädtchen für Horror sorgen. Hier wenigstens sind allerlei Folterwerkzeuge als Devotionalien für die Touristen versammelt, und der Ladenbesitzer selbst setzt sich den Zwingenkranz auf, um den vorangegangenen Foltertod zu demonstrieren. Allzu deutlich ist das alles angelegt, als dass es einen wirklich das Fürchten lehren könnte. Mehr Magie bitte, wenn nächstens an Halloween wieder ein Polizeiruf vom Brocken oder sonstwoher kommt.

Das Original zu diesem Beitrag "Polizeiruf 110 – Hexen brennen: Esoterik und Wahnsinn zu Halloween" stammt von "Teleschau".