Ein junges Mädchen steht vor einem hübschen roten Haus, das malerisch im Grünen gelegen ist. Sie möchte Kekse verkaufen, um Geld für das Waisenhaus zu sammeln, in dem sie lebt. "Komm rein, ich werde dir einige abkaufen", sagt der nette Mann an der Tür. Das Mädchen betritt das Haus - und wird nur wenige Momente später unfreiwillig Zeugin eines brutalen Schusswechsels, bei dem mehrere Menschen ihr Leben verlieren. Der 21. "Nord bei Nordwest"-Krimi mit dem Titel "Kobold Nr. 4" (Regie: Steffi Doehlemann, Buch: Holger Karsten Schmidt), den das Erste nun als Auftakt zu den drei neuen Filmen der Reihe zeigt, beginnt überraschend hart. Die Eingangsszenen versprechen eine fesselnde Geschichte, und wer dranbleibt, wird nicht enttäuscht.

Schwanitzer Dorfcops bekommen Verstärkung aus Hamburg

Paula (toll: Alissa Lazar), die zwölfjährige Waise, kann den Tatort verlassen, ist aber fortan auf der Flucht: Sie weiß, dass die Täter sie gesehen haben. Zur Polizei zu gehen, wagt sie nicht. Schließlich hat sich das Ganovenpärchen, das ins Haus eingedrungen ist, als Cops ausgegeben. Trotzdem treten Kommissar Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann) und seine Partnerin Hannah Wagner (Jana Klinge) auf den Plan, noch bevor sie auf die Mordopfer im Haus stoßen. Ein großes Rätsel gibt ihnen dabei der Zettel auf, den die Tote in der Hand hält: "Kobold Nr. Vier" steht darauf. Welcher Kobold ist hier gemeint?

Zu dieser Zeit sitzt Anhalterin Paula längst im Taxi von Mehmet Ösker (Cem Ali Gültekin), der das verschlossene Kind nichtsahnend mitgenommen hat und zum Waisenhaus fährt. Nun drängt sich erst einmal die Frage auf, was man sich dabei gedacht hat, dieses Kinderheim derart klischeebeladen auszustatten: Nicht nur, dass die Waisenmädchen alle brav in uniformierten dunkelblauen Trägerkleidchen daherkommen, nein, Paula hat ihr quietschendes 19.-Jahrhundert-Bett mit den Kugeln auf den Bettpfosten ganz allein auf dem kahlen, hölzernen Dachboden stehen. Falls das ihre Einsamkeit und Verzweiflung unterstreichen soll, funktioniert es. Etwas bemüht wirkt auch die Szene, als sich Paula vor ihrem Verfolger auf der Toilette versteckt: Der Böse stupst mit der Waffe eine Klotür nach der anderen auf, während die Gute aus der letzten Kabine innerhalb eines Wimpernschlags in die vorletzte zurück flüchtet, natürlich unentdeckt. War in "Der letzte Zeuge" großartig, überrascht aber schon lange nicht mehr.

Ernste Geschichte mit einigen Lachern

Die Schwanitzer Dorfpolizisten, die wider Willen mit "Verstärkung" aus Hamburg zusammenarbeiten müssen, tappen auch nach dem Fund der Leichen aus dem Haus eine Weile vollkommen im Dunkeln, denn hier ist nichts, wie es scheint, was der Zuschauer schon lange vor den Ermittlern weiß. Interessant ist dabei das Spiel mit Kontrasten, das sich von Beginn an durch den Film zieht: eine Gruppe Erwachsener beim scheinbar entspannten Frühstück, bis plötzlich eine Waffe neben dem Brötchenteller liegt, die kekseverkaufende Waise im plötzlichen Kugelhagel.

Es macht Spaß, Hauke, der so viel denkt und so wenig sagt, beim allmählichen Verstehen zuzusehen. Möchtegern-Held Mehmet, der wieder einmal die Ermittlungen bereichert, diesmal aber vor allem Tierärztin Jule (Marleen Lohse) und ganz besonders deren Goldfisch unterstützt, sorgen für den einen oder anderen Lacher in einer an sich ziemlich ernsten Geschichte. - Die nächsten beiden Teile der Reihe sind am 11. ("Der doppelte Lothar", Regie: Hinnerk Schönemann) und 18. Januar ("Die letzte Fähre") zu sehen.

"Nord bei Nordwest" läuft am Donnerstag, 4.1., um 20.15 Uhr im Ersten.