Es ist der traditionsreichste Krimi-Sendeplatz im Zweiten Deutschen Fernsehen überhaupt: Was dem Ersten der Sonntagabend, das ist dem Zwoten der Freitagabend. Primetime, 20:15 Uhr, da sitzen die Pistolen traditionell locker. Ob "Der Kommissar" oder "Derrick", "Der Alte" oder die True-Crime-Pioniere von "Aktenzeichen XY", später Formate wie "Ein Fall für Zwei", "Der Kriminalist" oder "Stolberg" — der Wochenausklang im ZDF ist traditionell der Spannung gewidmet.

Jürgen Vogel, in der Rolle des Kommissars und dreifachen Familienvaters Robert Heffler zu sehen, weiß um das Pfund des Sendeplatzes. "Der Freitagabend-Krimi gehört zur Fernsehgeschichte. Das fing für mich mit 'Derrick' an. Damit sind wir ja irgendwie alle groß geworden, zumindest aus meiner Generation", so der 53-jährige Hamburger, der zuletzt im TV in der Familienserie "Das Wichtigste im Leben" zu sehen war.

Damit ist Vogel gar nicht einmal so weit von seiner Rolle als Kriminalermittler entfernt, denn Heffler ist keiner der klassischen Loner auf diesem Posten, der Mann hat drei Töchter zu Hause, für die er allein verantwortlich ist. Ein dramaturgisch gelungener Kniff, der mit tradierten Rollenverhältnissen bricht. Auch Vogel reizt das: "Was ich an Robert mag, ist, dass er wirklich ein ganz normaler Polizist ist, der bei der Kripo arbeitet, der ein dramatisches Erlebnis hatte, der alleinerziehender Vater von drei Töchtern ist und der sich permanent in diesem Spagat befindet: zwischen Kindergroßziehen, die ganze Problematik, eigentlich immer zu wenig Zeit zu haben, auch in gewisser Weise immer ein schlechtes Gewissen zu haben und trotzdem zu versuchen, seinen Job gut zu machen."

"Jenseits der Spree" - Zwischen Ermittlerarbeit und Humor

Reizvoll ist auch das Gegensätzliche im Binnenverhältnis zwischen ihm und Kollegin Kay Freund, gespielt von Seyneb Saleh. "Kay ist an der Seite ihrer Mutter in einer Berliner Kommune aufgewachsen und hat damit das Leben in absoluter Freiheit, Grenzenlosigkeit und damit vollständiger Orientierungslosigkeit kennengelernt", erzählt Saleh im Interview zum Sendestart. "Wie es unter solchen Umständen oft passiert, hat sie sich zum krassen Gegenteil der dort lebenden Menschen entwickelt: Heute ist sie ein absoluter Workaholic. Sie liebt Struktur, soziale Kontakte sind für sie zweitrangig. Wahrscheinlich würde Kay auch am liebsten ohne Partner arbeiten."

Was auf dem Papier möglicherweise etwas konstruiert wirken könnte, füllt sich auf dem Bildschirm überaus natürlich und sehr kurzweilig mit Leben – das Gespann der Gegensätze, Vogel und Saleh, harmoniert bestens, ihr Zusammenspiel lebt von pointierten Dialogen, die lebensnah wirken und gekonnt zwischen Alltagsgeplänkel, Ermittlerarbeit und zwischenmenschlichem Humor pendeln.

Und dann ist da ja auch die titelgebende Location, die sich hier zum Hauptdarsteller aufschwingt: Köpenick hat eine so ganz andere Stimmung, als die üblichen Schauplätze im Zentrum der Stadt, ein weiterer Aspekt also, der "Jenseits der Spree" ungewöhnlich und sehenswert macht. Auf vier Folgen ist die erste Staffel angesetzt, die Chancen stehen jetzt schon gut, dass es dabei nicht bleiben wird.

Jenseits der Spree
ZDF, Folge 1: "Blutsbande"
Vier Folgen, immer freitags,
ab 24. September 2021, 20:15 Uhr