Düster ist es in Bremen im neuen "Tatort: Und immer gewinnt die Nacht". Das liegt nicht nur daran, dass das Verbrechen bei Nacht passiert, auch andere Teile des Films können ganz schön schwer im Magen liegen.

"Tatort: Und immer gewinnt die Nacht" – Darum geht's

Im Bremer Hafen wird die Leiche eines Arztes gefunden, er wurde überfahren. Die Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) kommen schnell dahinter, dass der Mediziner quasi ein Heiliger war. Wenn er nicht gerade in seiner Praxis Menschen geholfen hat, behandelte er noch Obdachlose nach der Arbeit. Das Einzige, das abweicht ist sein eigener psychischer Zustand, denn das Opfer war hochgradig depressiv und verletzt sich regelmäßig mit einem Feuerzeug am Arm selbst. Mads Andersen (Dar Salim) hat derweil mit einem jungen Mann zu tun, der glaubt dieser habe seinen Vater auf dem Gewissen. Mads, früher beim dänischen Geheimdienst, kannte dessen Vater tatsächlich und ist also nicht nur mit dem Bremen-Fall beschäftigt, sondern muss auch noch um sein Leben fürchten.

Der Kriminalfall an sich lässt bei "Und immer gewinnt die Nacht" leider etwas Spannung vermissen. Die Familiengeschichte, die sich rundherum entspinnt, wirkt etwas aufgesetzt, aber Regie und Schauspieler retten den Film. Vor allem das Thema der Selbstverletzung von Erwachsenen ist unerwartet interessant, kommt nur leider zu kurz. Die Chemie zwischen den Ermittlerinnen Liv und Linda ist angespannt, aber man merkt, dass die Schauspielerinnen hervorragend harmonieren. Darüber hat TVSPIELFILM.de mit Darstellerin Jasna Fritzi Bauer gesprochen.

"Es fehlt beiden an Empathie"

TVSPIELFILM.de: Jasna Fritzi Bauer, "Und immer gewinnt die Nacht" heißt der neue Film. Was glauben Sie bedeutet der Titel?

Jasna Fritzi Bauer: Ich bin mir nicht ganz sicher. Es hat bestimmt etwas damit zu tun, dass alles Wichtige nachts passiert in dem Film. Es ist aber nicht so, dass das Böse immer gewinnt.

Am Anfang sprechen Liv und Linda darüber, ob jeder zum Mörder werden kann. Wie sehen Sie das? Im "Tatort" ist es ja ein Goethe-Zitat…

Es heißt ja: ‚Sag niemals nie‘, aber ich glaube nicht, dass jeder Mensch das Zeug hat jemanden umzubringen. Viele Tötungsdelikte sind Übersprungshandlungen, die wenigsten nehmen sich das vor. Das liegt nicht in der Natur des Menschen, das hoffe ich zumindest.

"How to Tatort" war eine lustige Comedy-Mockumentary-Nummer vorher. Wie wichtig war das für Sie als Team?

Ich glaub das war voll gut für uns und unsere Chemie, dass wir das vorher gemacht haben. Es war super, dass wir uns auf einer lustig-sarkastischen Ebene schon einmal ausprobieren durften. Da haben wir auch viel improvisiert, was sehr hilfreich für die nächsten Filme war, die wir dann gemacht haben.

Im Gegensatz dazu ist die Chemie zwischen Linda und Liv sehr kompliziert. Wie sehen Sie das Verhältnis der Beiden?

Sie nähern sich einander an. Im "Tatort" arbeiten die jetzt schon ein Stück länger zusammen. Linda wirkt halt wie eine leichte Asperger-Person und ist schwierig, aber Liv ist ebenfalls ein komischer Kauz und es fehlt beiden an Empathie. Aber es wird jetzt besser.

"Meine Figur kommt aus der Unterschicht"

In einer Szene sind die beiden Frauen in einem Wohnblock unterwegs, da zeigen sich die Unterschiede nochmal sehr deutlich, wenn sie über Hartz IV reden. Worum geht es dabei?

Meine Figur kommt aus der Unterschicht, aus Bremerhaven-Lehe. Deshalb reagiert sie in der Situation so patzig. Linda Selb kommt eher aus einem gehobeneren Haushalt, da wird die Kluft zwischen Arm und Reich aufgemacht. Und Menschen, die mit Hartz IV leben, fühlen sich schnell angegriffen, wenn Bürgerliche wie Linda sowas sagen wie: ‚Die haben ja eh kein Bock zu arbeiten‘.

Geht Ihnen das selber so? Dass man in so einer Blase lebt?

Auf jeden Fall. Der eigene Lebensmittelpunkt dreht sich eben um sich selbst. Bei mir ist es so: Ich komme aus Hessen und bin mit vielen Kulturen aufgewachsen. Für mich ist ein Stadtbild wie Frankfurt am Main mit Menschen aus aller Herren Länder, verschiedenen Sprachen, mit Junkies, mit Bankern normal.

Repräsentation von Menschen mit Beeinträchtigungen ist leider ein kleines Thema im deutschen TV, aber bei eurem "Tatort" gibt es einen jungen Mann, bei dem ich mich gefragt habe, ob er tatsächlich die gleiche Krankheit wie im Film hat.

Der Schauspieler ist tatsächlich beeinträchtigt, aber nicht geistig, sondern körperlich eingeschränkt. Im Film soll er Spastiken haben. Und ich fands schön, dass das wirklich jemand gespielt hat, der eine körperliche Beeinträchtigung hat. Es ist ein schwieriges Thema, aber ich finde nicht, dass jemand der kein Down-Syndrom hat eine Figur spielen sollte, die eins hat.