Er hat es wieder getan: Nach Polizei und Bundeswehr blickt Schauspieler Henning Baum ("Der letzte Bulle") in der RTL-Reportagereihe "Einsatz für Henning Baum" am Donnerstag zum dritten Mal hinter die Kulissen einer systemrelevanten Berufsgruppe. Unter dem Motto "Rettungsdienst am Limit" erwartet den 50-Jährigen diesmal sein nach eigenen Aussagen "persönlichster Einsatz".
Denn was viele nicht wissen: Vor seinem Schauspielstudium absolvierte Henning Baum eine Ausbildung zum Rettungssanitäter, die er nun auffrischt. Vieles, so erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Beginn der zweistündigen Reportage, hätte sich in den letzten 30 Jahren geändert. Unter anderem seien die Rettungskräfte heute noch besser ausgebildet.
Dass sie dieses Wissen auch gut gebrauchen, zeigen die dramatischen Einsätze, an denen "Praktikant Baum" während der Dreharbeiten unter anderem in seiner Heimatstadt Essen beteiligt ist: Mit einer bemerkenswerten Ruhe schaffen es Rettungsassistentin Manuela Bathe und Notfallsanitäter Thomas Fuchs etwa eine Beatmungspatientin vor dem Erstickungstod zu retten: "50 Prozent der Einsätze sind solche, wo die Patienten einen kritischen Zustand haben", erklärt Thomas Fuchs. Die anderen 50 Prozent beträfen Menschen, die "den Tag auch ohne uns überleben würden, wenn sie selbstständig ins Krankenhaus oder zum Arzt gehen würden".
"Das ist ein Systemmissbrauch, den sie betreiben"
In die zweite Kategorie fällt der Betrunkene, der hofft, von den Rettungskräften kostenlos nach Hause gebracht zu werden. Eine junge Frau mit gelegentlichen Bauchschmerzen erwartet den Rettungswagen recht fidel mit einer fertig gepackten Tasche: "Mir erscheint, das wäre ein Fall für den Hausarzt", wundert sich Baum. Die Fahrt zum Krankenhaus dauert nur anderthalb Minuten: "Nun ja, wir haben ja eine Transportpflicht", resigniert der TV-Star.
Noch fassungsloser macht ihn die Patientin, die wegen niedrigem Blutdruck in die Notaufnahme kommt. Beim Hausarzt sei sie schon "genug" gewesen, erklärt sie: "Die Uniklinik ist einfach gut. Also, kann ich jedem empfehlen, und würde auch immer wieder hier hingehen". Man kommt nicht umhin, an eine Hotelbewertung zu denken. Oberärztin Dr. Yvonne Böger hat wenig Verständnis für derart gestrickte Menschen: "Das ist eigentlich ein Systemmissbrauch, den sie betreiben. Ich finde es unverschämt."
"Das Problem der Überlastung durch Bagatellfälle beginnt schon beim Notruf", erklärt Baum im Film. Wie zum Beweis wird das Publikum Zeuge eines äußerst absurden Anrufs: Die Anruferin berichtet von einer verletzten Taube, die ihre Tochter gefunden habe. Derartige Lappalien beschäftigen den Leitstellendisponenten Dominik Röger täglich.
Zeit also, die Regeln zu wiederholen, die eigentlich jedes Grundschulkind lernt: Für dringende Notrufe wählt man die 112, bei leichteren gesundheitlichen Problemen wählt man die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdiensts: 116 117. Nur leider ist diese zweite Nummer den meisten Deutschen nicht nur unbekannt, sondern oft auch maßlos überlastet. Das zeigt eine deutschlandweiter Test von RTL. Grund seien fehlendes Personal und die Auslagerung in klassische, fachunkundige Callcenter.
Ist eine App die Lösung?
Doch es sind nicht nur Lappalien, die die Arbeit der Rettungskräfte behindern: In Berlin-Neukölln berichtet Notfallsanitäter Baris Coban von den Ausschreitungen in der Silvester-Nacht 2022: "Wir sind es gewohnt, dass wir, wenn wir mit unseren Löschfahrzeugen unterwegs sind, beschossen werden." Diesmal seien allerdings "wirkliche Barrikaden aufgebaut" und die Rettungskräfte gezielt attackiert worden, sodass sie flüchten mussten.
Vorfälle wie diesen gebe es immer häufiger, sagt Baum: "In Berlin versuchen die Beamten jetzt jeden Angriff zur Anzeige zu bringen. Laut Kriminalstatistik waren es im vergangenen Jahr 307." In der Bundeshauptstadt bekommen Einsatzkräfte seit letztem Jahr eine Erschwerniszulage von fünf Euro pro Einsatz. Auf das Geld würden Coban und seine Kollegen gerne verzichten, wenn dafür mehr Personal zur Verfügung stünde.
Denn was passiert bei Notfällen wie einem Herzinfarkt, in denen schnelles Handeln über Leben und Tod entscheidet? In manchen Bundesländern gibt es dafür eine App: "Region der Lebensretter" heißt sie in Baden-Württemberg: Wird ein Herzinfarkt gemeldet, aktiviert der Leitstellendisponent die App, die wiederum alle Menschen mit Ersthelferausbildung im Umkreis benachrichtigt. Der 38-jährigen Freiburgerin Carolin rettete diese App das Leben.
Henning Baum muss Patientin wiederbeleben: "Sind Sie der aus dem Fernsehen?"
Bei einem Herzinfarkt kann die Herzdruckmassage übrigens "nichts mehr kaputt machen", wie Thomas Fuchs erklärt: Rippenbrüche spielten bei einem toten Menschen, der zurückgeholt werden muss, keine Rolle. Wichtig sei der Rhythmus. Orientierung bietet passenderweise das Lied "Staying Alive" von den Bee Gees. Henning Baum muss bei seinen Einsätzen auch eine Patientin wiederbeleben. Dass die Patientin kurze Zeit später schon wieder lächelt, berührt nicht nur Baum sichtlich: "Sind Sie der aus dem Fernsehen? Krimi oder?", fragt sie.
Ganz am Ende erwartet das Publikum dann noch ein spontaner Überraschungsgast: Sänger Matthias Reim erkennt Henning Baum beim Einsatz in einem Hotel und nutzt die Gelegenheit, um für eine bessere Bezahlung der Rettungskräfte zu werben: "Raus mit der Kohle! Bezahlt das auch mal!" Besser hätte die aufwühlende und sehenswerte Reportage nicht enden können.
Das Original zu diesem Beitrag "Henning Baum fassungslos über dreiste "Notfall"-Patienten: "Ich finde es unverschämt"" stammt von "Teleschau".