Während David Hasselhoff bekanntlich mit seinem Song "Looking for Freedom" im Alleingang die Wiedervereinigung initiert hat, war Peter Schilling im ARD-Interview vor dem EM-Finale am Sonntagabend sicher, sein Hit "Major Tom" habe "die Fans und die Mannschaft wieder zusammengeführt". Damit das nicht selbstherrlich rüberkam, fügte er hinzu: "Das sage nicht ich, sondern der DFB." Befragt nach seinem Wunsch-Europameister nahm er sich Salomo als Vorbild: "Möge der bessere gewinnen."
Ex-Mittelfeld-Profi Bastian Schweinsteiger und Torhüterin Almuth Schult legten sich in der Vorberichterstattung deutlicher fest. Schult glaubte an das Spielglück der Engländer, "auch wenn es vielleicht unverdient wäre". Schweini sah das genauso: Die Spanier hätten den Pokal "eigentlich verdient", doch glaubte er, dass "heute der Tag sein wird, wo die Engländer sich den Titel holen". Für das Endspiel in Berlin setzte die ARD auf die Viererkette aus Moderatorin Esther Sedlaczek, den Experten Bastian Schweinsteiger und Almuth Schult sowie Moderator Alexander Bommes.
Der EM-Pokal sei 60 cm hoch und acht Kilogramm schwer, referierte Esther Sedlaczek. Mit einem Seitenblick zu ihrem Nebenspieler fügte sie hinzu: "Und Basti durfte ihn noch nicht halten und wird er auch nicht mehr". Autsch! Schweinsteiger war sichtlich überrumpelt: "Ja ... Ja ... Als Spieler nicht mehr." Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und so fügte er hinzu: "Das Leben ist lang."
Das machte Sedlaczek und Schult hellhörig: War das etwa eine Anspielung auf eine nächste Station in Schweinis Karriere, fragten beide inquisitorisch. Angesichts so viel offensiver Frauenpower war ein defensiver Unterstützer nötig: "Wie sie über dich herfallen, ich komm gleich zu dir rüber", versprach Alexander Bommes. Esther Szedlaczek mutmaßte unbeeindruckt, Schweinsteiger würde vielleicht "nochmal in irgendeiner Funktion beim DFB auftauchen". Der Verhörte mauerte wie die Three Lions: "Machst du schon wieder 'ne Pointe? Ich spreche auch Englisch oder Serbisch."
Die deutsche Mannschaft war nirgends zu sehen
Die Sprache kam auf die spanischen Wunderkinder Nico Williams und Lamine Yamal. Während ersterer am Freitag 22 Jahre alt wurde, feierte der Jüngere am Samstag seinen 17. Geburtstag. Auch das vielbesprochene Foto von 2007 wurde eingespielt: Der Messias - pardon: Messi - tauft ... äh, badet das sagenumwobenste Baby seit "Star Wars"-Sensation Baby Yoda: Baby Yamal. Entstanden war das Foto, weil sich Yamals Eltern mit dem Neugeborenen für den Unicef-Kalender beworben hatten. Doch seit den Leistungen des Wunderkindes bei dieser EM durfte kein Zweifel mehr bestehen, dass Yamal nicht zufällig in der Wanne gelandet war. Und dass er bei diesem Ritual etwas von Messis Superkräften übertragen bekommen haben muss.
"Vielleicht haben die Spanier einen genauso guten Analysten wie wir in dir haben", schmierte Esther Sedlaczek dem Experten Schweinsteiger nach seiner Analyse Honig ums Maul. "Oh jetzt schmelze ich aber gleich dahin hier", grinste dieser. "Weiter weiter!", bat er. Doch für weitere Komplimente war keine Zeit mehr: "Die UEFA signalisiert uns, sie rollen uns unter die Plane, wenn wir hier jetzt nicht abhauen", erklärte Alexander Bommes. Die Spanier und Engländer wollten nämlich Fußball spielen und die deutsche Viererkette stand im Weg.
Bevor die Löwen und die rote Furie in die Arena gelassen wurden, durften Leony, Meduza und OneRepublic noch den offiziellen UEFA Euro 2024-Song "Fire" performen. Die deutschen Zuschauer hätten sich zum Großteil sicher "Major Tom" als Alternative gewünscht. Andererseits hätten sich die meisten deutschen Zuschauer auch ein alternatives Ende des Finales gewünscht. Doch die deutsche Mannschaft war nirgends zu sehen.
"Es war sehr schön, ich werd's vermissen"
Dass den deutschen Fans das Handspiel von Marc Cucurella spanisch vorkam und sie dem Spieler der "furia roja" noch immer als Schuldigen für das EM-Aus des Heimteams im Viertelfinale ausmachten, war erneut nicht zu überhören: Jeder Ballkontakt Cucurellas wurde auch in Berlin mit Buhrufen und Pfiffen bedacht. Die Kommentatoren Tom Bartels und Thomas Hitzlsperger betonten mehrmals, dass sie das "lächerlich und traurig" (Bartels) sowie "ungerecht" (Hitzlsperger) fanden.
Nach dem 2:1-Sieg der Spanier wurde Lamine Yamal zum besten jungen Spieler des Turniers gewählt. Er war heute zwar kein Torschütze, aber sein Pass auf Willimas hatte zum 1:1 geführt. Der 17-jährige Europameister befand im Interview, dass der EM-Sieg "das beste Geburtstagsgeschenk überhaupt" sei. Auf der anderen Seite bediente sich Harry Kane der abgedroschensten aller Verlierer-Phrasen: "Wir hatten das Momentum auf unserer Seite, aber ..." Dabei weiß doch jeder: Alles, was in einem Satz vor "aber" gesagt wird, ist stets gelogen. Dennoch eine Anregung für ein Trinkspiel: Jedes Mal, wenn ein Spieler sagt, "Wir hatten das Momentum auf unserer Seite" müssen die Zuschauer einen Sangria kippen.
Und wie geht's jetzt mit den Engländern weiter? Bastian Schweinsteiger verteidigte sowohl England-Kapitän und FC Bayern-Stürmer Harry Kane als auch Trainer Gareth Southgate. Almuth Schult dagegen erwähnte, dass manche britische Fans sich Jürgen Klopp als Nachfolger Southgates wünschten. "Er könnte jede Mannschaft zum Erfolg führen, wenn er Lust hat", kommentierte Schweini diplomatisch.
Als Alexander Bommes beobachtete, dass die Familien der Spieler auf den Rasen durften, fragte er Schweinsteiger, ob das die schönsten Momente nach einem Finale seien. "Mit den Familien zu feiern ist toll. Lustiger wird's dann in der Kabine", plauderte der Ex-Kicker aus. "Wieso? Was passiert denn da gleich?", fragte Esther Sedlaczek voller Neugier. "Sage ich dir nicht", blockte Schweini, als wäre er noch deutlich jünger als Yamal. Sedlaczek ließ nicht locker, bis der ehemalige Nationalspieler verriet, dass man dann ein bisschen lauter singen und etwas trinken würde. "Dann kommt jemand rein, Hände schütteln, Foto machen, solche Sachen."
"Das hört sich auch nach einer Menge Spaß an", bekundete die Moderatorin daraufhin. Spaß hatten auch die vier ARD-Experten in den letzten Wochen miteinander. "Es war sehr schön, ich werd's vermissen", gab Sedlaczek zu.
Und jetzt, wo alles vorbei ist, darf man es ja auch offen aussprechen: "Major Tom" aus der "Völlig losgelöst"-Hymne war ein tragischer Held, denn seine Sternenreise nahm kein gutes Ende. Insofern war der Song von Anfang an wie maßgeschneidert für die tragischen Helden der deutschen Nationalmannschaft. Darauf einen Sangria!
Das Original zu diesem Beitrag "EM-Finale: Esther Sedlaczek überrumpelt Bastian Schweinsteiger" stammt von "Teleschau".