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Das deutsche Fernsehen ist voller Perlen, ergreifender Momente und großem Spaß. Das haben auch die Nominierten und Gewinner des "Deutschen Fernsehpreises" 2021 gezeigt. In einer gut ausbalancierten Riege aus qualitativ hochwertigen Sendungen und Formaten, die einfach Spaß machen, gab es an diesem Abend vor allem einen Gewinner: das Fernsehen selbst. Lediglich eine Entscheidung sorgt bei mir für massives Kopfschütteln. Wer ist die beste Moderatorin, die das deutsche Fernsehen im Unterhaltungsbereich hat? Genau! Andrea Kiewel für den "ZDF-Fernsehgarten". Wie bitte?
Andrea Kiewel und ihr "Fernsehgarten"-Unkraut
Verfolgt ihr regelmäßig den "Fernsehgarten am Sonntag von 12 bis 14 Uhr? Diese zwei Stunden Live-Fernsehen auf dem ZDF-Gelände, bei denen junge wie alte Musiker zum Großteil Playback singen und Menschen klatschend auf ihren Plätzen verharren? Ich schon. Inmitten dieses seelenlosen Moloch-Spektakels steht Andrea Kiewel im Auge des Sturms der Langeweile und moderiert. Sie moderiert sich einen Wolf. Der "Fernsehgarten" ist eine bunte Tüte an Themen. Es wird gekocht, gegessen, es gibt Rekordversuche, Interviews, Spiele und Musik. Dabei immer live auf den Punkt und unterhaltsam zu sein, ist nicht einfach, aber man muss zu Kiewels "Verteidigung" auch sagen, dass sie den Job schon gute 20 Jahre macht.
Jetzt wurde sie also für die vergangene Saison, die corona-bedingt den "Fernsehgarten" noch öder gemacht hat, als er sowieso schon oft ist, mit einem Fernsehpreis ausgezeichnet in der Kategorie "Moderation: Unterhaltung". Kiewel hat selbst im Nachhinein gesagt, dass sie von der Nominierung schon überrascht war. Ich auch! Sie ergänzte noch, dass sie vor jeder Show aufgeregt sei. Setzen wir doch da mal an: Man spürt es. Bei jeder einzelnen Sendung des Fernsehgartens, der doch wie ihr Zuhause sein sollte, merkt man, dass Andrea Kiewel unheimlich nervös ist. Sie zappelt die ganze Zeit herum, sie fällt ihren Gästen ins Wort und wenn es nur ein unheimlich lautes Verständnis-"Mhm" ist und sie hört nicht auf sich die ganze Zeit, wie wild zu bewegen. Kein Wunder, dass auch die Regie nominiert war. Die müssen diesen wildgewordenen Flummi ja irgendwie einfangen, ihr ständig hinterherlaufen. Dazu kommen ständig einseitige Konversationen mit ihrem Kameramann, der nie antwortet. Sie ist unheimlich durcheinander und leistet sich ständig kleine Fehltritte mit ihren Gästen. Und das sind noch nicht einmal ihre größten Schwächen.
Lesetipp
Niemand ist wichtiger als Kiwi
Ein großer Teil ihrer Moderationen besteht daraus von sich zu erzählen. Wie fühlt sich Kiwi gerade? Wie schmeckt ihr das Essen? Wie findet sie das Wetter? Eine gute Moderatorin ist zwar präsent aber die Gäste sind das Wichtigste – Barbara Schöneberger, Bettina Tietjen und Carolin Kebekus können das zum Beispiel ganz gut. Aminata Belli und Jeannine Michaelsen ebenfalls. Sogar Sophia Thomalla hat sich bei "Are You The One?" (ausdrücklich nur Staffel 2) für TVNOW zu einer hervorragenden Moderatorin entwickelt.
Mal abgesehen von ihrer Ich-Konzentration hat Andrea Kiewel auch ein furchtbares Timing. Wenn die Stimmung richtig gut ist, kommt sie runter, wenn es leise wird, dreht sie auf – und zwar richtig. Dazu kann sie sich nichts merken: jeder Song, jeder Künstler, jede Frage wird abgelesen. Nicht jede dieser Frauen moderiert ein ähnliches Format wie Kiewel, aber sie ist definitiv nicht die beste ihrer Zunft gewesen in der vergangenen Saison. Neben ihr war traurigerweise keine andere Frau nominiert, aber im direkten Vergleich wären Daniel Hartwich für "Let's Dance" und Ralf Schmitz für "Take Me Out" beide besser gewesen. Hoffentlich ist nächstes Jahr noch eine andere Frau nominiert, die den Preis unbedingt bekommen kann. Kiewel nicht.