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Das neue Wir-Gefühl

Neue Reihe: Die Deutschen

Wie "Die Deutschen" wurden, was sie sind: In einer zehnteiligen Reihe wagt das ZDF mehr Patriotismus. Sendestart: 26.10.

Foto: ZDF und Jan Prillwitz, Die Deutschen
Wallenstein (Stefan Jürgens) kämpfte als Feldherr des katholischen Kaisers Ferdinand II. gegen die Protestanten.
ZDF, So., 9.11.2008, 19.30 Uhr
Frage: Was haben das Sommermärchen 2006 und die Leipziger Völkerschlacht 1813 gemeinsam? Antwort: Beides hat den Patriotismus der Deutschen angefacht. Das Fußballfest vor zwei Jahren stiftete ein neues Wir-Gefühl mit freundlich-weltoffener Note, während der Krieg vor zweihundert Jahren die Trotzreaktion des zerissenen Deutschlands auf Napoleon war.

Berühmt die Szene, in der sich ein badisches Aufgebot, das für den kleinen Korsen kämpfte, mitten im Vormarsch umdrehte und auf die Verbündeten schoss. Urplötzlich waren sie, die Franzosen, der Feind, und in den unbeliebten Preußen sahen die südwestdeutschen Söldner auf einmal Landsleute.

Die Deutschen: Wallenstein und der Krieg - ZDF, So., 9.11.2008, 20.15 Uhr: Hier vormerken!

Bilder Deutsche Größen

Zur preußischen Armee zählte unter anderem das Lützower Korps der Freiwilligen, die ihre Uniformen selbst mitbringen mussten. Sie trugen Schwarz-Rot-Gold, eine Farbkombination, die 2006 wieder in Mode kam. Die im 19. Jahrhundert aufkommende Deutschtümelei hat sich Anfang des 20. Jahrhunderts bekanntlich von ihrer übelsten Seite gezeigt, in der nachnapoleonischen Zeit war sie jedoch ein Faible der Liberalen, nicht der Reaktionäre.

Gegen die alten Zöpfe

Der Patriotismus richtete sich gegen die Herren im eigenen Land, gegen die alten Zöpfe und Privilegien der Adelsclique, nicht gegen das "Fremde" aus Frankreich oder Polen. Im Gegenteil. Unter den deutsch-nationalen Patrioten gab es eine regelrechte Polenbegeisterung. Die Nachbarn sollten ebenso für Einheit und Freiheit kämpfen (nur im Fußball sollen sie nicht gewinnen).

Napoleon ist eine Episode der zehnteiligen Reihe "Die Deutschen". Fünf Millionen Euro hat das ZDF investiert, um deutsche Politik- und Ereignisgeschichte anschaulich zu machen. ZDF-Sonntags-Gucker wissen, wie das aussieht: kostümierte Schauspieler, die Königsdramen im Sattel nachspielen, Soldatenkomparserie, die per Digitaltrick zur Armee anschwillt, Experten, die erklären, Erzähler, die den Gang der Geschichte im Fluss halten.

Wie hat das Altsächsische geklungen?

Wer das mag, bekommt viel für seine Gebühren. Der große Bilderbogen hält authentische Details parat, die Hobby-Historiker nicht kalt lassen: Wie sah die Krone Kaiser Ottos des Großen (912-973) aus oder wie hat das Altsächsische geklungen, das die Herrscher im 10. Jahrhundert sprachen?

Deutsche Geschichte habe mehr zu bieten als zwölf Jahre Naziherrschaft, sagt ZDF-Historiker Guido Knopp über das Projekt, zu dem er bereits Mitte der Achtziger in "Positionspapier" geliefert habe. Es vergingen viele Knopp-Jahre, in denen "Die Deutschen" vornehmlich "Die Nazis" waren, bis dann 2006 "Die Stunde der Patrioten" schlug.

Andreas Rolf