Im Ersten:
Jessica Schwarz und Iris Berben könnten tatsächlich Mutter und Tochter sein. Am Set ist ihr Umgang miteinander so vertraut, als würden sie sich schon seit Jahren kennen. Die Schauspielerinnen waren Heinrich Breloers Wunschbesetzung für seinen Kinofilm "Buddenbrooks - Ein Geschäft von einiger Größe".
Berben spielt die in strengen Konventionen verhaftete Konsulin Bethsy Buddenbrook, Schwarz ihre widerspenstige Tochter Toni.
TV SPIELFILM: Hand aufs Herz, wann haben Sie die "Buddenbrooks" zum ersten Mal gelesen?
Iris Berben: In der Schule.
Jessica Schwarz: Wir haben eher "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" gelesen. Die "Buddenbrooks" standen bei meinen Eltern im Bücherschrank. Ich habe angefangen zu lesen, aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich war. Damals habe ich lieber Bukowski gelesen. (lacht) Aber ich bin froh, dass ich durch das Angebot, die Toni zu spielen, nochmal drauf gestoßen worden bin. Es ist ein fantastisches Buch. Ich habe es innerhalb von vier Tagen verschlungen.
Iris Berben: Diese Sprache, diese Akribie des Beschreibens.
Jessica Schwarz: Es ist, als wenn man einen Oldtimer fährt. Darin bewegst du dich auch anders durch die Straßen als in einem modernen Auto. Deswegen fahr ich ab und zu wahnsinnig gern Oldtimer, weil man so Zeit hat, die Dinge zu betrachten.
Heinrich Breloer musste Thomas Manns Gesellschaftsroman, der an die 800 Seiten hat, fürs Kino auf zwei Stunden Laufzeit einkürzen. Hatten Sie nicht die Sorge, dass dabei gerade diese akribische Art, Dinge bis ins kleinste Detail zu beschreiben, verloren geht?
Iris Berben: Klar ist man da besorgt. Aber Breloer ist jemand, in dessen Hände ich mich gern habe fallen lassen. Er ist ja nicht erst seit seinem Doku-Dreiteiler "Die Manns" ein Thomas-Mann-Spezialist, der um all diese Probleme weiß.
Jessica Schwarz: Für mich war es schwieriger, weil wir bei Toni viel verändert haben. Wir wollten weg von der Naivität, die sie im Buch hat. Unsere Toni versteht mehr vom Geschäft. Eigentlich gibt es für mich zwei Tonis, die von Thomas Mann und die von Heinrich Breloer.
Die "Buddenbrooks" spielen in Lübeck und sind heute noch das Heiligtum der Stadt. Wie war es, dort zu drehen?
Jessica Schwarz: Es war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte: So muss Theater sein! Als wäre die ganze Stadt eine einzige große Bühne. So wie bei "Jedermann", wissen Sie? Beim Dreh in Lübeck gab es viele seltsame Situationen. Aber die seltsamste war, als Mark Waschke und ich morgens um fünf Uhr auf dem menschenleeren Marktplatz unsere letzten Sätze sprachen und von hoch oben aus dem Fenster eines der umliegenden Häuser eine tiefe Stimme sagte: "Das war nicht gut!" Ein paar Sekunden später kam Heinrich um die Ecke gerannt und lobte: "Super, wir haben es geschafft!" Und ich überlegte ziemlich verunsichert: War es nun gut oder nicht?
Haben Sie jemals herausgefunden, wer der heimliche Kommentator war?
Jessica Schwarz: Wohl ein Zaungast. Die ganze Nacht lang haben die Leute aus ihren Fenstern geguckt und uns beim Spielen zugesehen. Es war so, als hätte der Schauspielgott gesprochen.
Thomas Mann, der Nobelpreisträger, und Heinrich Breloer, der mehrfache Grimmepreisträger - die Erwartungen von Kritik und Publikum an diese Kombination sind ausgesprochen hoch. Verschreckt Sie das?
Jessica Schwarz: Der Druck entsteht vor den Dreharbeiten, danach kannst du ohnehin nichts mehr machen.
Iris Berben: Aber diesmal war er tatsächlich besonders hoch. Ich weiß noch, als wir zum Auftakt im Lübecker Rathaus waren. Da sitzt du in diesem ehrwürdigen, handgeschnitzten, geschichtsträchtigen Saal, und es wird eine Pressekonferenz abgehalten, als wäre gerade ein US-Präsident gewählt worden.
In Köln, wo wir die Innenszenen gedreht haben, gab es eine zweite riesige Pressekonferenz. Da habe ich zu Heinrich gesagt: Ihr traut euch was! Lasst uns doch erst mal in Ruhe arbeiten, und weckt nicht vor - ab schon eine so ungeheure Erwartung bei den Leuten.
Jessica Schwarz: Das Gute ist, dass ich daraus etwas für die Zukunft gelernt habe. Beim Drehen stand in jeder Ecke ein Journalist mit seinem Schreibblock. Jeden Tag. Immer wenn man hochgeguckt oder irgendetwas geredet hat, stand wieder einer da und schrieb alles mit. Ich hatte das Gefühl, ich kann kein privates Wort mehr sagen! Die Konsequenz ist, dass ich ab sofort keine Journalisten am Set mehr zulassen werde. Wenn der Film fertig ist, gebe ich gern Interviews, aber in der kreativen Arbeitsphase will und muss ich mich schützen.
Witta Pohl war bei den "Drombuschs" die Mutter der Kompanie. Sie hatte eine Kochplatte in ihre Garderobe stellen lassen, und mittags mussten ihre Kollegen...
Iris Berben: ... zum Essen antanzen?!Klasse, wenn ich die Geschichte gekannt hätte, hätte ich das auch so gemacht. (lacht)
Jessica, war Iris Berben so etwas wie Ihre mütterliche Beraterin am Set?
Iris Berben: Wäre ich gern gewesen, aber wir waren gar nicht so oft zusammen. Ich hatte ja nur eine vergleichsweise kleine Rolle.
Jessica Schwarz: Dadurch, dass Mark und ich die meisten Tage zusammen verbracht haben, haben wir uns gegenseitig unglaublich gestützt. Ich habe das zu dem Zeitpunkt auch gebraucht, weil ich teilweise gar nicht wusste, was ich machen soll. Ich habe bei den "Buddenbrooks" zum ersten Mal einen professionellen Schauspielcoach für mich in Anspruch genommen und dachte: Das hätte ich alles schon viel früher lernen können. Es gab Tage, an denen ich wirklich dachte, ich kann überhaupt nichts, und an denen ich mir am Set fast verloren vorkam. In solchen Situationen hat mir Mark, der vom Theater kommt, sehr geholfen.
Was war die schlimmste Situation, die Sie am Set erlebt haben?
Jessica Schwarz: Ganz klar die, als ich morgens um halb fünf total verschlafen in die Maske kam, und da lag Iris tot im Sarg.
Iris Berben: Die hatten einen offenen Sarg mit einer täuschend echt gemachten, lebensgroßen Wachspuppe in der Maske abgestellt.
Jessica Schwarz: Ich habe wirklich geschrien.
Iris Berben: Alle haben gesagt: Tut den Sarg weg, damit Iris das nicht sieht. Früher hätte ich mir so was auch nicht anschauen können, weil mein Verhältnis zum Tod nicht so entspannt war wie heute. Aber man wird älter, und so spielt man häufiger auch das eigene Sterben.
Jessica Schwarz: Wo wir gerade beim Thema sind: Hast du eigentlich immer gesund gelebt?
Iris Berben: Nein. Ich habe früher gern nach dem alten Motto der 68er-Generation gelebt: Sex, Drugs and Rock 'n' Roll. Warum fragst du?
Jessica Schwarz: Dann habe ich ja auch noch gute Aussichten.
Iris Berben: Ich habe nicht viel ausgelassen.
Jessica Schwarz: Wie lange?
Iris Berben: Lange.
Jessica Schwarz: Gut. Ich bin 31 ...
Iris Berben: Allerdings hatte ich mit 31 schon ein zehnjähriges Kind. Aber ich habe damals nicht ständig darüber nachgedacht, wie es später mal sein wird.
Jessica Schwarz: Ich bin ja inzwischen schon so weit, dass ich jeden zweiten Tag Sport mache.
Susanne Sturm
Berben spielt die in strengen Konventionen verhaftete Konsulin Bethsy Buddenbrook, Schwarz ihre widerspenstige Tochter Toni.
TV SPIELFILM: Hand aufs Herz, wann haben Sie die "Buddenbrooks" zum ersten Mal gelesen?
Iris Berben: In der Schule.
Jessica Schwarz: Wir haben eher "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" gelesen. Die "Buddenbrooks" standen bei meinen Eltern im Bücherschrank. Ich habe angefangen zu lesen, aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich war. Damals habe ich lieber Bukowski gelesen. (lacht) Aber ich bin froh, dass ich durch das Angebot, die Toni zu spielen, nochmal drauf gestoßen worden bin. Es ist ein fantastisches Buch. Ich habe es innerhalb von vier Tagen verschlungen.
Iris Berben: Diese Sprache, diese Akribie des Beschreibens.
Jessica Schwarz: Es ist, als wenn man einen Oldtimer fährt. Darin bewegst du dich auch anders durch die Straßen als in einem modernen Auto. Deswegen fahr ich ab und zu wahnsinnig gern Oldtimer, weil man so Zeit hat, die Dinge zu betrachten.
Heinrich Breloer musste Thomas Manns Gesellschaftsroman, der an die 800 Seiten hat, fürs Kino auf zwei Stunden Laufzeit einkürzen. Hatten Sie nicht die Sorge, dass dabei gerade diese akribische Art, Dinge bis ins kleinste Detail zu beschreiben, verloren geht?
Iris Berben: Klar ist man da besorgt. Aber Breloer ist jemand, in dessen Hände ich mich gern habe fallen lassen. Er ist ja nicht erst seit seinem Doku-Dreiteiler "Die Manns" ein Thomas-Mann-Spezialist, der um all diese Probleme weiß.
Jessica Schwarz: Für mich war es schwieriger, weil wir bei Toni viel verändert haben. Wir wollten weg von der Naivität, die sie im Buch hat. Unsere Toni versteht mehr vom Geschäft. Eigentlich gibt es für mich zwei Tonis, die von Thomas Mann und die von Heinrich Breloer.
Die "Buddenbrooks" spielen in Lübeck und sind heute noch das Heiligtum der Stadt. Wie war es, dort zu drehen?
Jessica Schwarz: Es war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte: So muss Theater sein! Als wäre die ganze Stadt eine einzige große Bühne. So wie bei "Jedermann", wissen Sie? Beim Dreh in Lübeck gab es viele seltsame Situationen. Aber die seltsamste war, als Mark Waschke und ich morgens um fünf Uhr auf dem menschenleeren Marktplatz unsere letzten Sätze sprachen und von hoch oben aus dem Fenster eines der umliegenden Häuser eine tiefe Stimme sagte: "Das war nicht gut!" Ein paar Sekunden später kam Heinrich um die Ecke gerannt und lobte: "Super, wir haben es geschafft!" Und ich überlegte ziemlich verunsichert: War es nun gut oder nicht?
Haben Sie jemals herausgefunden, wer der heimliche Kommentator war?
Jessica Schwarz: Wohl ein Zaungast. Die ganze Nacht lang haben die Leute aus ihren Fenstern geguckt und uns beim Spielen zugesehen. Es war so, als hätte der Schauspielgott gesprochen.
Thomas Mann, der Nobelpreisträger, und Heinrich Breloer, der mehrfache Grimmepreisträger - die Erwartungen von Kritik und Publikum an diese Kombination sind ausgesprochen hoch. Verschreckt Sie das?
Jessica Schwarz: Der Druck entsteht vor den Dreharbeiten, danach kannst du ohnehin nichts mehr machen.
Iris Berben: Aber diesmal war er tatsächlich besonders hoch. Ich weiß noch, als wir zum Auftakt im Lübecker Rathaus waren. Da sitzt du in diesem ehrwürdigen, handgeschnitzten, geschichtsträchtigen Saal, und es wird eine Pressekonferenz abgehalten, als wäre gerade ein US-Präsident gewählt worden.
In Köln, wo wir die Innenszenen gedreht haben, gab es eine zweite riesige Pressekonferenz. Da habe ich zu Heinrich gesagt: Ihr traut euch was! Lasst uns doch erst mal in Ruhe arbeiten, und weckt nicht vor - ab schon eine so ungeheure Erwartung bei den Leuten.
Jessica Schwarz: Das Gute ist, dass ich daraus etwas für die Zukunft gelernt habe. Beim Drehen stand in jeder Ecke ein Journalist mit seinem Schreibblock. Jeden Tag. Immer wenn man hochgeguckt oder irgendetwas geredet hat, stand wieder einer da und schrieb alles mit. Ich hatte das Gefühl, ich kann kein privates Wort mehr sagen! Die Konsequenz ist, dass ich ab sofort keine Journalisten am Set mehr zulassen werde. Wenn der Film fertig ist, gebe ich gern Interviews, aber in der kreativen Arbeitsphase will und muss ich mich schützen.
Witta Pohl war bei den "Drombuschs" die Mutter der Kompanie. Sie hatte eine Kochplatte in ihre Garderobe stellen lassen, und mittags mussten ihre Kollegen...
Iris Berben: ... zum Essen antanzen?!Klasse, wenn ich die Geschichte gekannt hätte, hätte ich das auch so gemacht. (lacht)
Jessica, war Iris Berben so etwas wie Ihre mütterliche Beraterin am Set?
Iris Berben: Wäre ich gern gewesen, aber wir waren gar nicht so oft zusammen. Ich hatte ja nur eine vergleichsweise kleine Rolle.
Jessica Schwarz: Dadurch, dass Mark und ich die meisten Tage zusammen verbracht haben, haben wir uns gegenseitig unglaublich gestützt. Ich habe das zu dem Zeitpunkt auch gebraucht, weil ich teilweise gar nicht wusste, was ich machen soll. Ich habe bei den "Buddenbrooks" zum ersten Mal einen professionellen Schauspielcoach für mich in Anspruch genommen und dachte: Das hätte ich alles schon viel früher lernen können. Es gab Tage, an denen ich wirklich dachte, ich kann überhaupt nichts, und an denen ich mir am Set fast verloren vorkam. In solchen Situationen hat mir Mark, der vom Theater kommt, sehr geholfen.
Was war die schlimmste Situation, die Sie am Set erlebt haben?
Jessica Schwarz: Ganz klar die, als ich morgens um halb fünf total verschlafen in die Maske kam, und da lag Iris tot im Sarg.
Iris Berben: Die hatten einen offenen Sarg mit einer täuschend echt gemachten, lebensgroßen Wachspuppe in der Maske abgestellt.
Jessica Schwarz: Ich habe wirklich geschrien.
Iris Berben: Alle haben gesagt: Tut den Sarg weg, damit Iris das nicht sieht. Früher hätte ich mir so was auch nicht anschauen können, weil mein Verhältnis zum Tod nicht so entspannt war wie heute. Aber man wird älter, und so spielt man häufiger auch das eigene Sterben.
Jessica Schwarz: Wo wir gerade beim Thema sind: Hast du eigentlich immer gesund gelebt?
Iris Berben: Nein. Ich habe früher gern nach dem alten Motto der 68er-Generation gelebt: Sex, Drugs and Rock 'n' Roll. Warum fragst du?
Jessica Schwarz: Dann habe ich ja auch noch gute Aussichten.
Iris Berben: Ich habe nicht viel ausgelassen.
Jessica Schwarz: Wie lange?
Iris Berben: Lange.
Jessica Schwarz: Gut. Ich bin 31 ...
Iris Berben: Allerdings hatte ich mit 31 schon ein zehnjähriges Kind. Aber ich habe damals nicht ständig darüber nachgedacht, wie es später mal sein wird.
Jessica Schwarz: Ich bin ja inzwischen schon so weit, dass ich jeden zweiten Tag Sport mache.
Susanne Sturm