Katharina Wackernagel strahlt. Über Aenne Burda zu sprechen ist für sie keine Pflicht, sondern ein Bedürfnis. Schließlich dreht man auch als viel beschäftigte Schauspielerin nicht alle Tage einen Film, der etwas in einem selbst zum Klingen bringt. Je länger man sich mit der 40-Jährigen unterhält, desto mehr gewinnt man den Eindruck, dass sie in der großen deutschen Verlegerin eine Seelenverwandte sieht.
Interview mit Katharina Wackernagel
Sie haben sich lange und intensiv mit Aenne Burda beschäftigt: Was für ein Mensch war sie?
Katharina Wackernagel: Sie hatte viele verschiedene Facetten. Aenne Burda war eine sehr emotionale Person, die oft aus dem Bauch heraus handelte. Sie ist auch schnell mal an die Decke gegangen, war aber zu ihren Mitarbeitern auch großzügig und herzlich. Zugleich hat sie den Verlag Burda Moden tough und professionell geführt. Emotionalität und Tatendrang haben sich bei ihr gut ergänzt.
Aenne Burda hätte ein materiell abgesichertes Leben an der Seite ihres Mannes führen können. Stattdessen wurde sie Unternehmerin. Warum?
Die Idee, eine Modezeitschrift zu gründen, hatte sie schon länger. Als sie erfuhr, dass ihr Mann hinter ihrem Rücken bereits ein Modemagazin finanzierte, das ausgerechnet seine Geliebte leitete, war sie tief verletzt. Sie hätte sich aus dem Schmerz heraus auch zur Scheidung entschließen können. Aber sie hat sich stattdessen dafür entschieden, sich das zu holen, was ihr gehört. Ihre Idee war: Damit baue ich etwas auf, womit ich meinem Ehemann auf Augenhöhe begegnen kann.
Die meisten Männer im Film scheinen der Meinung zu sein, Frauen hätten im Geschäftsleben nichts zu suchen.
Männer behandelten ihre Frauen tatsächlich oft wie Menschen zweiter Klasse. Aber die Frauen waren untereinander auch nicht solidarisch. Als die Damen aus der höheren Gesellschaftsschicht, in der Aenne Burda verkehrte, mitbekamen, dass sie arbeitete, zogen sie über Aenne her. Sie sagten: Wenn ich von meinem Mann betrogen werde, dann kostet es ihn einen Pelzmantel, aber ich gehe deswegen doch nicht arbeiten. Seltsam erscheint uns heute auch, dass damals eine Frau ihren Führerschein heimlich machte, weil Männer das nicht gern sahen. Ich kenne diese Diskriminierung von Frauen schon aus anderen Filmen mit zeitgeschichtlichem Hintergrund wie "Contergan".
Mancher Mann hätte bei diesem Gegenwind kapituliert. Woher nahm Aenne Burda die Kraft, an ihren Ideen festzuhalten und ihre Vision zu verwirklichen?
Ich glaube, sie hatte eine besondere Power. Sie war eine sehr kraftvolle und mutige Person. Man sieht das schon in jungen Jahren, als sie, die aus bescheidenen Verhältnissen kam, sich nach oben orientierte. Und sie blieb auch nicht einfach stehen, als sie einen Mann aus der wohlhabenden Familie Burda geheiratet hatte und es ihr materiell sehr gut ging. Da war etwas in ihr, das sie antrieb, das weiterwollte. Sie ließ sich nichts gefallen, es schien kein Problem zu geben, das sie nicht lösen zu können glaubte.
Wie sehen Sie die Fünfzigerjahre im Vergleich zu heute?
Ich finde es eigentlich erschreckend, wie viel Skepsis Frauen in Führungspositionen auch heute noch entgegenschlägt. Aenne Burda konnte ihre Mitarbeiter begeistern, sie hatte eine positive Ausstrahlung, und das auch deshalb, weil sie eine Vision hatte. Sie wollte, dass sich die Frauen nach der Tristesse der Nachkriegszeit wieder schön finden. Wer sich selbst mag und schätzt, der hat auch Selbstbewusstsein. Und das wiederum ermöglicht es Frauen, den Männern als gleichwertig gegenüberzutreten.
Haben wir das heute erreicht?
Da bin ich mir nicht so sicher. Wenn man an die neuen sozialen Medien wie Instagram und Facebook denkt, dann geht es doch vor allem darum, anderen zu gefallen. Aber wenn man nur auf möglichst viele Likes scharf ist, dann wird man sich an den Mainstream anpassen und anders als Aenne Burda keine Persönlichkeit herausbilden, die auch mal aneckt, und keine umwälzenden Ideen verfolgen, die andere noch nicht verstehen.
Es gibt wunderbar gefilmte Tanzszenen im Film. Konnten Sie die Bewegungen locker aus der Hüfte schütteln?
Nein, Fritz Karl und ich haben dafür Unterricht genommen. Die Regisseurin Franziska Meletzky hat großen Wert darauf gelegt, dass die beiden Tänze, die es im Film zu sehen gibt, auch richtig gut aussehen.
Um die Fahrten mit den Oldtimern werden Sie viele beneiden.
Ich brauchte einige Zeit, um mit den Autos warm zu werden. Privat fahre ich eher selten. Aenne Burda war eine sportliche Fahrerin, und in einigen Szenen sollte ich mit Vollbremsung einen halben Meter vor einem Poller zum Halten kommen. Die Besitzer der kostbaren Oldtimer waren mindestens so aufgeregt wie ich, aber es hat alles geklappt.
Im Film spielt Italien eine wichtige Rolle. Was hat Aenne Burda der Süden bedeutet?
Sie hat zehn Jahre lang ihre Kraft in den Aufbau des Verlags gesteckt und sich um die Kinder gekümmert. Für die Erfüllung privater Sehnsüchte fehlte ihr schlicht die Zeit. In Italien konnte sie dann auch ihre sinnlich-emotionale Seite ausleben, sie war fasziniert von der Wärme, vom Licht, vom Meer, aber auch von der Ungezwungenheit.
Haben Sie etwas von der Rolle in Ihr Privatleben mitgenommen?
Ja, die Art, wie Aenne Burda mit Rückschlägen umgeht. Sie hat sich nicht zurückgezogen, sondern es noch mal versucht, um es besser zu machen. Ich bewundere an Aenne Burda, dass sie aus dem größten Schmerz in ihrem Leben die größte Kraft gezogen hat.
Katharina Wackernagel: Sie hatte viele verschiedene Facetten. Aenne Burda war eine sehr emotionale Person, die oft aus dem Bauch heraus handelte. Sie ist auch schnell mal an die Decke gegangen, war aber zu ihren Mitarbeitern auch großzügig und herzlich. Zugleich hat sie den Verlag Burda Moden tough und professionell geführt. Emotionalität und Tatendrang haben sich bei ihr gut ergänzt.
Aenne Burda hätte ein materiell abgesichertes Leben an der Seite ihres Mannes führen können. Stattdessen wurde sie Unternehmerin. Warum?
Die Idee, eine Modezeitschrift zu gründen, hatte sie schon länger. Als sie erfuhr, dass ihr Mann hinter ihrem Rücken bereits ein Modemagazin finanzierte, das ausgerechnet seine Geliebte leitete, war sie tief verletzt. Sie hätte sich aus dem Schmerz heraus auch zur Scheidung entschließen können. Aber sie hat sich stattdessen dafür entschieden, sich das zu holen, was ihr gehört. Ihre Idee war: Damit baue ich etwas auf, womit ich meinem Ehemann auf Augenhöhe begegnen kann.
Die meisten Männer im Film scheinen der Meinung zu sein, Frauen hätten im Geschäftsleben nichts zu suchen.
Männer behandelten ihre Frauen tatsächlich oft wie Menschen zweiter Klasse. Aber die Frauen waren untereinander auch nicht solidarisch. Als die Damen aus der höheren Gesellschaftsschicht, in der Aenne Burda verkehrte, mitbekamen, dass sie arbeitete, zogen sie über Aenne her. Sie sagten: Wenn ich von meinem Mann betrogen werde, dann kostet es ihn einen Pelzmantel, aber ich gehe deswegen doch nicht arbeiten. Seltsam erscheint uns heute auch, dass damals eine Frau ihren Führerschein heimlich machte, weil Männer das nicht gern sahen. Ich kenne diese Diskriminierung von Frauen schon aus anderen Filmen mit zeitgeschichtlichem Hintergrund wie "Contergan".
Mancher Mann hätte bei diesem Gegenwind kapituliert. Woher nahm Aenne Burda die Kraft, an ihren Ideen festzuhalten und ihre Vision zu verwirklichen?
Ich glaube, sie hatte eine besondere Power. Sie war eine sehr kraftvolle und mutige Person. Man sieht das schon in jungen Jahren, als sie, die aus bescheidenen Verhältnissen kam, sich nach oben orientierte. Und sie blieb auch nicht einfach stehen, als sie einen Mann aus der wohlhabenden Familie Burda geheiratet hatte und es ihr materiell sehr gut ging. Da war etwas in ihr, das sie antrieb, das weiterwollte. Sie ließ sich nichts gefallen, es schien kein Problem zu geben, das sie nicht lösen zu können glaubte.
Wie sehen Sie die Fünfzigerjahre im Vergleich zu heute?
Ich finde es eigentlich erschreckend, wie viel Skepsis Frauen in Führungspositionen auch heute noch entgegenschlägt. Aenne Burda konnte ihre Mitarbeiter begeistern, sie hatte eine positive Ausstrahlung, und das auch deshalb, weil sie eine Vision hatte. Sie wollte, dass sich die Frauen nach der Tristesse der Nachkriegszeit wieder schön finden. Wer sich selbst mag und schätzt, der hat auch Selbstbewusstsein. Und das wiederum ermöglicht es Frauen, den Männern als gleichwertig gegenüberzutreten.
Haben wir das heute erreicht?
Da bin ich mir nicht so sicher. Wenn man an die neuen sozialen Medien wie Instagram und Facebook denkt, dann geht es doch vor allem darum, anderen zu gefallen. Aber wenn man nur auf möglichst viele Likes scharf ist, dann wird man sich an den Mainstream anpassen und anders als Aenne Burda keine Persönlichkeit herausbilden, die auch mal aneckt, und keine umwälzenden Ideen verfolgen, die andere noch nicht verstehen.
Es gibt wunderbar gefilmte Tanzszenen im Film. Konnten Sie die Bewegungen locker aus der Hüfte schütteln?
Nein, Fritz Karl und ich haben dafür Unterricht genommen. Die Regisseurin Franziska Meletzky hat großen Wert darauf gelegt, dass die beiden Tänze, die es im Film zu sehen gibt, auch richtig gut aussehen.
Um die Fahrten mit den Oldtimern werden Sie viele beneiden.
Ich brauchte einige Zeit, um mit den Autos warm zu werden. Privat fahre ich eher selten. Aenne Burda war eine sportliche Fahrerin, und in einigen Szenen sollte ich mit Vollbremsung einen halben Meter vor einem Poller zum Halten kommen. Die Besitzer der kostbaren Oldtimer waren mindestens so aufgeregt wie ich, aber es hat alles geklappt.
Im Film spielt Italien eine wichtige Rolle. Was hat Aenne Burda der Süden bedeutet?
Sie hat zehn Jahre lang ihre Kraft in den Aufbau des Verlags gesteckt und sich um die Kinder gekümmert. Für die Erfüllung privater Sehnsüchte fehlte ihr schlicht die Zeit. In Italien konnte sie dann auch ihre sinnlich-emotionale Seite ausleben, sie war fasziniert von der Wärme, vom Licht, vom Meer, aber auch von der Ungezwungenheit.
Haben Sie etwas von der Rolle in Ihr Privatleben mitgenommen?
Ja, die Art, wie Aenne Burda mit Rückschlägen umgeht. Sie hat sich nicht zurückgezogen, sondern es noch mal versucht, um es besser zu machen. Ich bewundere an Aenne Burda, dass sie aus dem größten Schmerz in ihrem Leben die größte Kraft gezogen hat.
Aenne Burda: Unternehmerin mit Weitblick
Aenne Burda, 1909 in Offenburg als Tochter eines Lokomotivheizers geboren, zeigte schon in jungen Jahren, dass sie etwas aus ihrem Leben machen wollte. Nach der Heirat mit dem Buchdrucker Franz Burda zog es sie ins Verlagsgeschäft. Mit Burda Moden landete sie 1950 einen Volltreffer, die Startauflage von 100 000 Exemplaren wurde komplett verkauft. 1952 erschienen die ersten Hefte mit Schnittmustern zum Nachnähen, 1957 betrug die Auflage bereits eine halbe Million Exemplare. Aenne Burda war die unumschränkte Herrscherin im Modereich. "Befehl und Schluss", beschrieb sie ihren Führungsstil. Aber sie war auch generös und beschenkte verdiente Mitarbeiter. 1987 erschien "Burda Moden" als erstes Magazin aus dem Westen in russischer Sprache in der UdSSR. 2005 starb Aenne Burda mit 96 Jahren.