Der fesselnde US-amerikanische Psychothriller "The Sixth Sense" zog 1999 das Kinopublikum in seinen Bann. Erzählt wird die Geschichte des neunjährigen Jungen Cole Sear (Haley Joel Osment) der unter schweren Ängsten leidet, weil er tote Menschen sieht. Cole wird Patient des Kinderpsychiaters Malcom Crowe (Bruce Willis), der ein Déjà-vu hat, als er dem Jungen begegnet. Nur kurz zuvor war nämlich Vincent Grey (Donnie Wahlberg) – ein ehemaliger Patient – in sein Schlafzimmer eingedrungen. Auch Grey war als Kind bei Crowe in Behandlung. Er wurde von ähnlichen Ängsten geplagt, wie Cole. Doch Crowe konnte dem Jungen damals nicht helfen. Nach der eindringlichen Begegnung mit Grey, der sich vor seinen Augen getötet hat, schwört er sich, es diesmal besser zu machen.
Die Eingangssequenz, in der Grey seinen ehemaligen Psychiater völlig von Sinnen überrascht, gehört zu den intensivsten Szenen des Films. Das ist kein Wunder, denn Schauspieler Donnie Wahlberg hat im Vorfeld alles gegeben, um Grey überzeugend spielen zu können.
Zu durchtrainiert für Rolle
Als Wahlberg während eines Fluges das Drehbuch von "The Sixth Sense" las, war er völlig überwältigt, berichtet UsaToday. Er habe sogar im Flugzeug weinen müssen, erzählte der Schauspieler. Gleichzeitig war er überzeugt davon, niemals den heroinabhängigen, ausgemergelten Grey spielen zu können. "Nichts an mir passte zu der Rolle, abgesehen von meiner totalen Begeisterung für das Drehbuch", erinnerte sich der Schauspieler, der eigentlich zu alt für die Rolle und körperlich zu fit war. Trotzdem flog er nach New York, hatte aber wenig Hoffnung, dass Regisseur M. Night Shyamalan sich für ihn entscheiden würde.
Tatsächlich brauchte Shyamalan ein halbes Jahr, ehe er Wahlberg zusagte. Die angebotene Gage war gering, der Agent des Schauspielers wollte eigentlich absagen, doch Wahlberg erklärte: "Das ist mir egal, ich würde es umsonst machen." In der Folge wurde der Agent gefeuert und Wahlberg war als Vincent Grey gesetzt.
Intensive Vorbereitung
Um den heruntergekommenen Junkie Grey überzeugend spielen zu können, scheute Wahlberg keine Mühen. Er zog bei seiner Familie aus, um in New York in einem sehr einfachen Appartement zu leben. Kreditkarten hatte der Schauspieler nicht dabei, um sich möglichst authentisch in die spartanische Lebenswelt Greys einfühlen zu können. Doch damit nicht genug. "Ich hungerte mich selbst aus. Ich fastete zwei Tage lang und aß dann nur gedünsteten Kohl und trank Rübensaft", erzählte Wahlberg und fuhr fort: "Ich kaute den ganzen Tag Kaugummi und lief buchstäblich durch die Straßen, um Tausende von Kalorien zu verbrennen. Ich habe wochenlang nicht geduscht." In dieser Zeit sei er wirklich zu einem verschrobenen Einzelgänger geworden. "Näher konnte ich diesem Typen nicht kommen", sagte der Schauspieler.
Fünf Wochen später kehrte Wahlberg an das Filmset zurück, nachdem er in kurzer Zeit 22 Kilogramm verloren hatte und auf 63 Kilogramm abgemagert war. Er hatte sich so verändert, dass Regisseur M. Night Shyamalan den eigenen Schauspieler nicht erkannte. "Er ist einfach an mir vorbeigelaufen", erinnerte sich Wahlberg, der nun wusste, dass er bereit für die Rolle war.
Keine Nacktszenen
Eigentlich wollte Wahlberg seine Szene nackt spielen, um die Verrücktheit Greys noch eindrücklicher werden zu lassen. In einem Workshop mit Bruce Willis und Olivia Williams, die dessen Frau Anna spielte, erklärte Wahlberg: "Wenn Vincent kommt, um seinem Leiden ein Ende zu setzen und sein eigenes Leben zu beenden, warum hat er dann etwas an? Für mich zieht er sich aus und steht völlig nackt im Badezimmer, die Kleidung liegt auf dem Boden." Willis und auch der Regisseur waren von der Idee zunächst begeistert. Trotzdem wurde nichts daraus. Damit "The Sixth Sense" möglichst viel Geld in die Kassen spielen konnte, beschloss die Produktionsfirma, den Film so zu drehen, dass er ab 13 Jahren freigegeben wird. Nackte Männer waren hier nicht vorgesehen. Trotzdem musste Wahlberg die Szene nicht, wie zuerst geplant, in Gothic-Kleidung spielen. Man einigte sich darauf, dass er Unterwäsche trug.
So kam die ausgemergelte Gestalt Greys doch noch zur Geltung, die durch einen einfachen Trick auch in Unterwäsche authentisch wirkte. "Ich bat darum, die Unterwäsche so aussehen zu lassen, als hätte ich sie seit zwei Jahren nicht mehr gewechselt. Sie haben sie verschmutzt. Daraus wurde die Garderobe", erinnerte sich der Schauspieler.