Der mit Fassbinder-Filmen und als "Tatort"-Kommissar berühmt gewordene Schauspieler Günter Lamprecht ist tot. Er starb am 4. Oktober im Alter von 92 Jahren in Bad Godesberg in Bonn, wie seine Agentin Antje Schlag am Freitag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Für seine Paraderolle des Franz Biberkopf in Rainer Werner Fassbinders Mehrteiler "Berlin Alexanderplatz" wurde Lamprecht von Kritik und Publikum gefeiert. Popularität erlangte er in den 90er Jahren durch die Rolle des Berliner "Tatort"-Kommissars Franz Markowitz. Lamprecht hinterlässt seine Frau und eine Tochter.

Günter Lamprecht wurde am 21. Januar 1930 in Berlin geboren.  Sein Vater, ein Berliner Taxifahrer, war Nazi aus Überzeugung. Als Hitlerjunge war er beim "Endkampf" um Berlin mit dabei, wurde mit gerade einmal 15 Jahren unweit der Berliner Reichskanzlei mit einem Streifschuss verwundet. Nach dem Krieg gehörte er zu einer Gang jugendlicher Diebe: "Wir haben geklaut wie die Raben." Es folgte eine Ausbildung zum Orthopädiemechaniker. Und dann passierte das Wunder. Eines Nachts sagte ein besoffener Freund zu ihm: "Günter, du musst Schauspieler werden!" Daraufhin sprach der völlig unbelesene junge Mann bei der Schauspielschule vor - und wird genommen.

Ab 1953 nahm er privaten Schauspielunterricht in Berlin. Er debütierte am Schiller-Theater, es folgte ein festes Engagement am Schauspielhaus Bochum, wohin er nach Stationen auf allen bedeutenden Bühnen Deutschlands 1974 zurückkehrte und unter Peter Zadek spielte. Circa 75 Haupt- und Titelrollen verkörperte er am Theater.

Günter Lamprecht litt nach Amoklauf unter Trauma

Seine erste Film-Hauptrolle spielte Lamprecht 1976 in "Das Brot des Bäckers" und gewann damit den Lubitsch-Preis. Es folgten weit mehr als 150 Film- und Fernsehrollen, begleitet von zahlreichen Ehrungen. Fernsehgeschichte schrieb er als kantiger "Tatort"-Kommissar, von 1989 bis 1995 spielte er in der bekannten ARD-Reihe den Kreuzberger Ermittler Franz Markowitz. Dafür gab es die "Goldene Kamera". 

Berühmt wurde er dann aber mit "Berlin Alexanderplatz". Mit Regisseur Rainer Werner Fassbinder († 37) arbeitete Lamprecht immer wieder erfolgreich zusammen. Zum ersten Mal 1973 in dem Film "Welt am Draht", dann 1978 in "Die Ehe der Maria Braun". Internationale Bekanntheit erlangte er schließlich durch seine Hauptrolle des Franz Biberkopfs in der 14-teiligen TV-Serie "Berlin Alexanderplatz" (1980) nach Alfred Döblin. Sogar in den USA sprach man nun von ihm als "schauspielerisches Ereignis". Zu einem umschwärmten Star wurde er allerdings nie - vielleicht waren seine Charaktere dafür zu sperrig. Gestört hat ihn das nicht: Lamprecht wollte einfach nur gute Arbeit abliefern.

Doch nicht nur durch sein schauspielerisches Können machte er Schlagzeilen. 1999 wurde er und seine Freundin durch puren Zufall in Bad Reichenhall Opfer eines Amoklaufs. Ein Jugendlicher schoss damals von einem Balkon aus mit vier Waffen auf alles, was sich bewegte. Fünf Menschen kamen ums Leben, ebenso viele wurden schwer verletzt. Der einstiege "Tatort"-Darsteller wurde durch sechs Gewehrkugeln des wahllos um sich schießenden Mannes schwer verletzt. Silvester verbrachte Lamprecht seitdem im Keller, sein Trauma wurde er nicht mehr los. "Ich kann die Knallerei nicht aushalten", sagte er zehn Jahre später in BUNTE. "Da nehme ich mir eine Pulle Rotwein, setze mich in den Keller und warte, bis es vorbei ist." Soll er in einem Film "erschossen" werden, lasse er sich von einem Stuntman doubeln, verriet der Schauspieler damals.

Gemeinsam mit seiner heutigen Frau Claudia Amm, die ebenfalls von dem 16-Jährigen Schützen getroffen wurde und in Lebensgefahr schwebte, wollte Lamprecht den Amoklauf ursprünglich in einem Theaterstück verarbeiten. "Aber es ging einfach nicht, weil die Erinnerungen zurückkehrten und ich nicht mehr schlafen konnte", so im Gespräch mit BUNTE. 

In den letzten 20 Jahren seines Lebens machte er sich rar. In der Serie "Babylon Berlin" war Lamprecht noch einmal als Reichspräsident Hindenburg zu sehen. Weitere Angebote gab es, aber es waren in seinen Augen nicht die richtigen. Mal sollte er den gutmütigen Opa geben, dann war die Story einfach "Schund".