Eigentlich war der Boden für Joshua "Josh" Daniel Hartnetts Kinokarriere bestens bereitet. Zugegeben, das US-Remake "Immer wieder Fitz", in dem Hartnett sich zunächst zu etablieren versuchte, geriet zum veritablen Flop. Aber die Filme, die folgten, hatten alles, was es braucht, um auf sich aufmerksam zu machen. Der Horror von "Halloween H20", die verhuschte Suizid-Ballade "The Virgin Suicides" von Sofia Coppola, und schließlich "Pearl Harbor", Michael Bays epischer Kriegsfilm, ausgestattet mit einem Budget von 132 Millionen Dollar, knapp drei Stunden lang, dazu ein Staraufgebot mit Namen wie Ben Affleck, Kate Beckinsale, Alec Baldwin, Dan Aykroyd, Cuba Gooding jr., Jon Voight, Michael Shannon – und dem Superstar in spe, Josh Hartnett.
Doch dann kam alles anders als gedacht. Filmkritiker zerreißen das effektheischerische Spektakel, "aufdringliches Kriegsabenteuer mit unangenehmen patriotischen und heroischen Tönen", so haut das "Lexikon des Internationalen Films" auf den vermeintlichen Blockbuster. Die Kassen klingeln mit einem Einspielergebnis von knapp 500 Millionen Dollar zwar unüberhörbar, die Wunschvorstellung der Macher jedoch, man könne sich hier ähnlich wie James Camerons "Titanic" einen Platz in der Bel Étage der Hollywood-Historie erobern, erfüllt sich jedoch nicht. Am Ende reicht es 2002 für einen Oscar, in der Kategorie "Bester Tonschnitt", demgegenüber stehen satte sechs Nominierungen für eine Goldene Himbeere.
Ob Hartnett geahnt hatte, was da auf ihn zukommen könnte? Schon als er den Part annimmt, überwiegen die Zweifel. "Ich befürchtete, dass damit etwas ins Rollen kommen würde, das ich nicht mehr kontrollieren kann", so Josh Hartnett in einem Interview. "Am Ende nahm ich die Rolle an, weil ich sie nicht aus Angst ablehnen wollte". Hartnett steckt da schon in der Zwickmühle, es wird nicht einfacher für ihn, als sein Gesicht im Anschluss die Titelseiten der Entertainment-Magazine ziert. "Black Hawk Down" und "40 Tage und 40 Nächte" vergrößern seinen Wirkungskreis noch. Auch seine Co-Stars werden immer populärer. Ben Affleck etwa wird zudem Produzent, steckt Flops wie "Daredevil" weg, wird später mit essentiellen Werken wie "Gone Baby Gone" und "Argo" zur festen Größe zwischen Blockbuster und Kritikerfilm. Auch Kate Beckinsale steigt weiter empor. Mal in Mammut-Produktionen wie "Aviator" oder "Underworld", dann in Horrorstoff wie "Van Helsing" oder "Motel".
Und Hartnett? Er bringt es in einem "Playboy"-Interview auf einen einfachen, aber entscheidenden Nenner: "Ich habe des Öfteren einfach ‚Nein‘ zu den falschen Leuten gesagt. Das haben die nich so gern." Hartnett lehnt das Angebot ab, "Batman" zu spielen. Er will es nicht riskieren, zur Marke zu werden, zum feststehenden Begriff, er weigert sich, ins Hollywood-Korsett zu steigen. Hollywood, oder besser gesagt deren Entscheider und Macher, reagieren auf ihre Weise. Christopher Nolan macht Christian Bale zum Batman. Als es daran geht, "Prestige – Meister der Magie" zu besetzen, hat Hartnett Lust auf den Part. Aber Nolan pickt, na wen wohl, Christian Bale.
Es sind Begebenheiten wie diese, die Josh Hartnett, 1978 in St. Paul, Minnesota, geboren, in seinem Tun bestätigen. Hartnett zieht sich zurück, spielt in kleineren Produktionen, oftmals ohne erwähnenswerten Kinostart. Ob ihn das frustriert? Es sieht nicht danach aus. "Wenn ich jetzt eine Rolle sehe, die ich gut finde, dann muss ich dafür kämpfen", so Hartnett im Interview mit news.com. "Ich finde das okay so, auch wenn ich sie nicht bekomme. Das schmerzt vielleicht mal, aber im nächsten Moment ist das schon wieder vergessen."
Heute lebt Hartnett größtenteils im englischen Surrey, zusammen mit seiner Partnerin, der UK-Schauspielerin Tamsin Egerton, hat er zwei Kinder. Und seine Zukunft? Vielleicht ja im Serien-Segment: Von 2014 bis 2016 war er in "Penny Dreadful" zu sehen. "Josh hat das Zeug dazu, sehr schnell berühmt zu werden und auf Teenager eine Wirkung zu entfachen, wie eine Ein-Mann-Version der Backstreet Boys", so hatte Filmpartner Ben Affleck es zu Zeiten von "Pearl Harbour" prognostiziert. Keine schlechte Entscheidung Hartnetts, diese Karriere-Option nicht gezogen zu haben.