Universal Pictures

Wenn der Regisseur selbst Stuntman und Double für Brad Pitt, Matt Damon und Jean-Claude Van Damme war, kann man sich vorstellen, was er von den Stars in seinem eigenen Film erwartet. Aber zum einen ist Charlize Theron Action gewöhnt, nicht zuletzt durch ihre Rollen in "Fast & Furious 8" und "Mad Max: Fury Road". Zum anderen war sie als Produzentin des von David Leitch in­szenierten Spionage-Actionthrillers gewissermaßen auch dessen Boss.

In "Atomic Blonde", angesiedelt im Berlin der Zeit kurz vor dem Mauerfall, findet die in Südafrika geborene Oscar-Preisträgerin als Topspionin Lorraine schlagkräftige Argumente und erholt sich, zerkratzt und zerschunden, in einer Badewanne voller Eisstücke. Charlize on the rocks? Warum das Eis nicht echt war, dafür aber etliche Blessuren, verrät die ambitionierte Blonde im offenen Interview.



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Charlize Theron im Interview

Wie schmerzhaft waren die Kampfszenen?
Charlize Theron: Es gab so manchen Morgen, an dem ich nicht mal aus dem Auto steigen konnte. (lacht) Da gab es zum Glück dienstbare Geister, die sehr geduldig abwarteten, um mich vorsichtig aus dem Auto zu schälen. Meine Kinder haben sich darüber oft lustig gemacht. Aber nach einiger Zeit überschreitest du einen bestimmten Punkt, und dein Körper verwandelt sich - er fühlt sich wirklich an wie eine Maschine. Man fühlt sich stark, zu allem in der Lage und wirklich selbstbewusst. Im Originaldrehbuch gab es zwei Sequenzen, die nicht mal als Actionszenen gedacht waren, aber wir haben sie dazu verwandelt, weil es einfach besser in den Film passte.

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Wie sah das Training genau aus?
Ich hatte wirklich sehr gute Lehrer. Jeder hatte seine Spezialität, das war ein richtiges Team, das sich um mich gekümmert hat. Viele von ihnen sind auch als KGB-Agenten im Film zu sehen. In einer Szene, in der ich mit Polizisten in der Wohnung kämpfe, wurden diese dann von lokalen Darstellern aus Budapest gespielt; zwar alles Stuntmen, aber Leute, mit denen ich vorher nicht trainiert hatte. So eine Kampfchoreografie ist wie ein Tanz, den man mit einem bestimmten Partner einstudiert, das geht auch nicht einfach so über Nacht. Ich musste später ­eine Menge Alkohol ausgeben, um mich bei den Jungs zu entschuldigen. Beim Kampf im Treppenhaus dagegen waren das wieder meine Trainingspartner, da gab's keine Verletzungen. Es sei denn, sie haben mir was verschwiegen... (lacht)

Wie taff ist Charlize Theron?

Könnten Sie auch in Wirklichkeit einen Mann ausknocken?
Ich weiß nicht. (überlegt) Ja, vielleicht, es gehört schon auch Können dazu. Und Mathematik. Wie ein Körper den anderen bewegt, ist auch immer eine Frage der Berechnung.

Haben Sie auch selbst in der Badewanne mit den Eiswürfeln gelegen?
Nein, so tapfer bin ich nicht. (lacht) Technisch gesehen wäre es sehr schwierig gewesen, diese Szenen in einem echten Eisbad zu drehen, für etliche Teile meines Körpers.

Charlize Therons deutsche Wurzeln

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Der Film basiert auf einer Graphic Novel.
Wie wichtig ist es, auchals Produzentin, welches Ausgangs­material einem Film zugrunde liegt?

Es geht immer um die Geschichte, die erzählt wird, das Format ist für mich zweitrangig. In diesem Fall hat mir jemand vielleicht zehn Seiten ­einer unveröffentlichten Graphic Novel zugeschickt, der Autor war immer noch dabei, sie zu schreiben. Außerdem hat der Film sich ziemlich von der Vorlage entfernt, auch meine Figur ist lediglich dadurch inspiriert worden. Den Illus­tra­tor traf ich erst später, und er meinte: "Du siehst überhaupt nicht aus wie das, was ich gezeichnet ­habe." Und ich habe ihm geantwortet: Ich hoffe, das ist okay für dich. Im Grunde haben wir nur die Essenz der Figur benutzt.

Was war die ursprüngliche Inspiration für die Figur der Topspionin Lorraine?
Ich glaube, seine Schwiegermutter, (lacht) deshalb war er auch nicht beleidigt. Aus den zehn Seiten konnte man sehr gut verstehen, um was für eine Art Frau es sich hier handelt. Dass sie sich für nichts entschuldigt und auch vor niemandem rechtfertigt oder erklärt, warum sie so gut in ihrem Job ist, das fehlt mir in heutigen Filmen. Frauen­rollen werden zu oft übererklärt. Immer braucht es irgendeinen begleitenden Kommentar, der uns erläutert, warum sie das so gut können, zum Beispiel kämpfen. Und ganz problematisch wird es, wenn es kein Kind gibt, um das es geht, keinen Ehemann, nicht mal einen Liebhaber. Bei James Bond habe ich das noch nie gesehen.

Berlin spielt eine große Rolle im Film, Sie haben dort häufig gedreht. Wie ist Ihre ­Beziehung zu den Deutschen und ihrer Hauptstadt? (Theron hat ­eine deutsch-stämmige Mutter, Vorname Gerda)
Ich liebe Berlin. Berlin ist in den Top Five meiner Lieblingsstädte in Europa. Es ist auch eine der sich am schnellsten verändernden Städte zurzeit. Ich mag die Leute, ich mag das Essen, ich mag die Kultur.

Wären Sie eine gute Spionin?
Ich glaube, ich wäre eine verdammt gute Spionin. (lacht)


Autor: Scott Orlin



Atomic Blonde ab 24.8. im Kino

Graphic Novel als Vorlage mit Sprachlichen Stolperern

Oni Press

"Atomic Blonde" basiert auf der Graphic Novel "The Coldest City", geschrieben von Antony Johnston und gezeichnet von Sam Hart. In den USA bei Oni Press erschienen, sind in der
Originalversion einige Bilder deutsch betextet, leider mit sprachlichen Stolpersteinen.

Mal rufen DDR-Bürger "Kommen! Schnell, schnell!", später wird skandiert: "Die Mauer ist gefallt!". So stellt sich der Durch­schnitts­amerikaner wohl Deutsch vor. In der bei Cross Cult veröffentlichten deutschen Fassung sind die Fehler behoben.