Terroristen sind nicht nur unter uns, sie sind Teil von uns. Das ist das Thema der Miniserie "Bruder - Schwarze Macht", in der sich der Bruder einer Polizistin nachvollziehbar radikalisiert. Das schlaue kleine ZDF-neo-Format machte die Beweggründe des jungen Manns schon im Drehbuch so deutlich, dass sich eine international bekannte Schauspielerin für die Hauptrolle interessieren konnte: Sibel Kekilli. Im Interview spricht sie über das Projekt - und die Türkei.

Was bringt junge Leute dazu, sich zu radikalisieren?
Frust darüber, dass man nicht integriert ist, darüber, dass die Gesellschaft es nicht zulässt, Alltagsrassismus, Trotz, Naivität... Wenn ihnen dann erzählt wird, dass es einen Ort gibt, an dem sie akzeptiert sind und ­gebraucht werden, es sogar eine Möglichkeit gibt, es allen heimzuzahlen, ist das für manche sehr verführerisch, denke ich.

Verstehen Sie die Attraktivität des Glaubens dahinter?
Glaube kann einem in schwie­rigen Zeiten sehr helfen. Aber hier wird Glaube einfach nur ausgenutzt. Das ist nichts Neues. Viele Kriege wurden aus Glaubensgründen geführt.

Sie heißen in Ihrer Rolle Sibel. Wie schon in "Gegen die Wand", Ihrem ersten Film. Zufall?
Die Rolle hieß vorher schon so. Die Autoren haben mir gesagt, sie hätten mich beim Schreiben vor Augen gehabt, aber nie gedacht, dass ich die Rolle annehmen würde. Sie haben mich gefragt, ob sie den Namen ändern sollen. Ich fand es aber irgendwie schicksalhaft, dass diese Sibel unbedingt zu mir wollte.

Sie sind eine international erfolgreiche Schauspielerin. Wird das in der Türkei gesehen? Was haben Sie dort für einen Stand?
Sagen wir es mal so: Mein Verhältnis zur Türkei ist schwierig. Ich habe auch dort schon einen Film gedreht, "Eve Dönüs". Dafür habe ich auch einen wich­tigen türkischen Preis bekommen, die Goldene Orange. Jetzt sollte ich noch mal dort drehen. Die Förderung stand, aber ich habe mich am Ende aus mehreren Gründen dagegen entschieden, in die Türkei zu reisen.

Weil man Ihnen dort Anti­pathien entgegenbringt?
Weil ich mich auch politisch äußere und geäußert habe. Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht sagen.

Wenn man international ­spielen will, so wie Sie, muss man dann seine Karriere­planung darauf auslegen?
Nein, ich habe jedenfalls nichts geplant. Die "Game of Thrones"- Macher hatten "Gegen die Wand" gesehen und kamen sechs Jahre später, 2010, auf mich zu. Man kann in dieser Branche nicht viel planen.

Man kann sich einen Agenten in London nehmen.
Das ist auch keine Garantie, dass man gute Projekte ange­boten bekommt. Wenn man gefunden werden soll, wird man auch gefunden. Verbissenheit erzeugt keine gute Energie.

Sehen Sie sich "Game of Thrones" noch an?
Ich habe noch Kontakt zu ein paar Leuten, aber ich verfolge die Serie momentan nicht mehr.

Dabei hatten Sie so einen Spaß, als Sie mit "GoT"-Schöpfer Martin unterwegs waren.
Ja, das stimmt. Das war für Arte, in Santa Fe. Er hat in einem Restaurant extra für mich "Istanbul (Not Constantinopel)" spielen lassen. Er ist reizend.

Geschichte. So wie Ihr "Tatort". Vermissen Sie Sarah Brandt?
Nein. Ich habe die Rolle sehr gemocht, wenn auch nicht immer. Manchmal fehlte mir der rote Faden für die Figur, die letzten beiden Folgen mochte ich allerdings wieder sehr, weil sie psychisch und physisch gefordert wurde.