Zendaya überzeugt
Protagonistin Rue, mit der Schauspielerin Zendaya ihren vorläufigen Karrierezenit erreichen dürfte, weiß, dass sie ihrer Mutter und Schwester mit ihrem regelmäßigen Drogenkonsum die Hölle auf Erden bereitet. Trotzdem liegt sie nach einer Überdosis in ihrer eigenen Kotze und kommt nur knapp mit dem Leben davon. Clean bleibt sie nach der Therapie nur kurz, denn "Therapie bedeutet ja nicht, dass ich clean bin". Ausgerechnet ihr Dealer stellt sich danach zwischen sie und den nächsten Kick, lässt sie nicht mehr in seine Wohnung, versteckt den Stoff und lässt das Mädchen vor verschlossener Tür um ihr Leben wimmern. Ihre Freundin Jules (Transgender-Model Hunter Schafer) schläft dagegen mit erwachsenen und verheirateten Männern, obwohl die entsprechenden Szenen eindeutig suggerieren, dass man hier auch von Vergewaltigung sprechen kann. Schon als Kind leidet sie an Depressionen und versucht sich das Leben zu nehmen. Kat (Barbie Ferreira), die mit den beiden Mädchen zur Schule geht, wirkt dagegen zunächst wie ein Unschuldslamm. Auf ihren ersten Sex wartet sie noch. Als es aber dann passiert, landet ein Video des Akts direkt im Netz. Sie wird zum Gespött der Schule, fühlt sich benutzt. Im Netz feiern sie dafür notgeile Endvierziger als Sexgöttin. Kat dreht den Spieß kurzerhand um, wird zum Cam-Girl und macht aus ihrer Scham Geld.
Das sind nur drei Charaktere aus einem großartigen Ensemble mit Jungdarstellern aus der zweiten Reihe, die in der Serie unter anderem Themen wie Toxic Masculinity und falsche Körperideale verhandeln.
"Euphoria" dreht sich nicht nur um Drogen
Alle Teenager in "Euphoria" sind kaputt. Trotz oder gerade wegen ihres jungen Alters. Verdorben von unzähligen medialen Reizen und dem dysfunktionalen Gesundheitssystem der USA hilflos ausgeliefert. Wem es nicht gut geht, der bekommt Tabletten. Wer Tabletten nimmt, dem geht es nicht gut. Falls nichts hilft, geh zu Instagram oder schau dir süße Katzenbabys an. Heilung finden nur wenige alleine oder im Austausch mit Leidgenossen, meistens jazzen sich die Kids gegenseitig noch weiter ins Elend.Eltern werden die Serie hassen, weil sie alles zeigt, was den Nachwuchs in Versuchung führt und dabei selten den moralischen Zeigefinger hebt. Levinson lässt sein Werk lieber dahingleiten und fährt seine Figuren wieder und wieder an die Wand. Das konservative "Fox News" echauffierte sich in Amerika kurz nach der Premiere fürchterlich über die Gewaltdarstellungen und den "heavy use of drugs". "Euphoria" überschreite gefährliche Grenzen, titelte die Sendung. Vielleicht wird es auch den Eltern der Hauptdarsteller Zendaya und Hunter Schafer so gehen, die als Lehrer und Priester Jugendliche eigentlich vor dem Abdriften bewahren wollen.
Fazit
Insofern ist "Euphoria" eben nicht nur die Geschichte einer High-School, in der auffällig viele Kids mit verqueren Vorstellungen vom Leben gen Hades taumeln, sondern ein wertfreies Zeitzeugnis von Teenagern, die sich selbst nicht mehr helfen können. Alles nicht repräsentativ, aber deswegen dennoch da und in Zukunft vielleicht doch mehr als ein gesellschaftlicher Ausrutscher. Das sollte uns im echten Leben aufrütteln.
"Euphoria" ist die bittere und einzige Pille, die man schlucken sollte.
("Euphoria" läuft ab 16. Juni bei HBO und Sky Atlantic an. Einen deutschen Starttermin gibt es noch nicht.) Streame mit dem Sky Ticket jetzt "Euphoria" und viele weitere Serien und Blockbuster.