Alle lieben Moss. Als Sekretärin Peggy Olson in "Mad Men" wurde sie zu einer Ikone der Popkultur. Gerade sorgt ihre Serie "The Handmaid's Tale" für Furore, der für 2018 angesetzte Kinofilm "Old Man and the Gun" mit Ben Affleck und Robert Redford ist gerade abgedreht. Wir trafen die 34-Jährige in Sydney während der Dreharbeiten zur zweiten Staffel von "Top of the Lake", in der sie die Polizistin Robin spielt.
Im Kern ist "Top of the Lake" eine Familiengeschichte, aber eine sehr spezielle, die vieles von dem infrage stellt, was man normalerweise unter ­einer Familie versteht.
Elisabeth Moss: Ja, es gibt sehr viele unterschiedliche Arten, eine Mutter zu sein. Die erste Staffel hat sich stark auf die Bedeutung von Kindern fokussiert, jetzt rückt die Figur von Robin noch mehr ins Zentrum. Und mit ihr auch viele Fragen, die sie als Frau bewegen: Was bin ich für eine Mutter? Werde ich den Erwartungen gerecht? Es ist eine lange, komplizierte und schwierige Reise, auf die sich Robin in der zweiten Staffel begibt.

Robin hilft anderen, aber kann sie sich auch selbst helfen?
Das ist genau die Frage. In ihrem Job ist Robin ein Profi. Sie weiß genau, was wann zu tun ist. Sie kann gut mit Kindern in Not umgehen, trifft den richtigen Ton. Aber wenn es um sie selbst geht, wird es komplizierter. Da fehlt die Distanz. Das betrifft auch die Beziehung zu ihrer Tochter, die siebzehn ist. Ein schwieriges Alter.

Was hat Sie daran gereizt, eine zweite Staffel zu drehen?
Als ich mit Jane Campion über eine Fortsetzung gesprochen habe, war mir wichtig, dass Robin psychisch noch kaputter als in der ersten Staffel sein sollte. Sie sollte sich unter ex­tremen Umständen behaupten - das ist genau die Herausforderung, die ich als Schauspielerin suche. Robin geht auf sehr dünnem Eis, und man weiß nicht, ob sie irgendwann einbricht.

Wie ist Oscar-Preisträgerin Jane Campion als Regisseurin?
Sie ist sehr wach, sehr aufmerksam, und sie hat die ­Fähigkeit, Details zu sehen, die mir entgehen. Man merkt es, wenn sie mit einem über Szenen spricht, die gerade gedreht wurden. Sie muss aber auch so genau hinsehen, weil die Charaktere in ihren Filmen so komplex sind.

Mit Campion wollen die Besten drehen.
Das stimmt, Kate Winslet war in "Holy Smoke" dabei, Nicole Kidman bei uns in der zweiten Staffel. Niemand spielt gern eindimensionale Charaktere, am allerwenigsten die Stars, und bei Campion können sich die großen Schauspieler sicher sein, dass sie keine 08/15-Rollen erwarten. Campion ist auch eine Filmemacherin, die zuhört. Sie hat kein Egoproblem. Sie weiß, dass ein Film ein ­Gemeinschaftsprodukt ist, das nur richtig gut wird, wenn alle an einem Strang ziehen.

Die erste Staffel wurde in Neuseeland gedreht, die zweite in Sydney. Was hat sich noch geändert?
Die Grundkonstellation ist ­eine ganz andere. In der ersten Staffel stolperte Robin mehr oder weniger zufällig in die Krimi­geschichte hinein. Sie war ja eigentlich nach Neuseeland gekommen, um ihre Mutter zu besuchen. In der zweiten ist sie im heimischen Australien. Wir sehen sie deshalb mehr in ihrem Arbeitsalltag, auf dem Revier und bei Ermittlungen mit ihren Kollegen. Die Handlung ist viel stärker in der Realität verankert.

Haben Sie sich mit echten ­australischen Polizisten über deren Arbeit unterhalten?
Wir haben intensiv recherchiert, besonders in der Newtown Police Station in Sydney. Dort gibt es so etwas wie das reale Vorbild für meine Figur, nur dass die Frau emotional wesentlich stabiler als Robin ist. Christine ist wirklich ein starker Typ. Von ihr habe ich enorm viel gelernt. Wenn ich beim Dreh wissen wollte, wie man Handschellen anlegt, hat sie mir gleich ein Foto aufs Handy geschickt.

Unübersehbar neu in Staffel zwei ist die 1,91 Meter große Gwendoline Christie, bekannt aus "Game of Thrones". Wie war die Zusammenarbeit mit ihr?
Wunderbar, ich bin ein großer Fan von ihr. Jeder mag sie. Sie tut auch der Serie gut. Robin ist nicht länger, wie in Staffel eins, allein unter lauter Männern, sondern sie hat jetzt auch eine Kollegin, mit der sie sich austauschen kann.

Und Kidman?
Ist ein Genie.