Hitler umwarb die Familie wie eine spröde Braut, schmeichelte und drohte, bis sie ihm zu Willen war. Der Diktator wusste, wie vor ihm schon Kaiser Wilhelm II., dass er ohne die Hilfe der Krupps seine Ziele nicht erreichen konnte. Deren Stahlwerke waren bis 1945 die Waffenschmiede des Deutschen Reiches. Jede Regierung, die einen
Krieg plante, war auf die Kanonen, Granaten, Panzer und Schiffe aus den Krupp'schen Werken angewiesen.

Die Geschichte
der Krupps, ihr Aufstieg aus einfachen Verhältnissen zum reichsten und mächtigsten Industrieclan Europas, ist auch eine Geschichte familiärer Konflikte. In der Ahnengalerie gibt es gefühlskalte Väter wie Alfred Krupp und besitzergreifende Mütter wie Bertha. An saftigen Skandalen herrscht ebenfalls kein Mangel, wobei bis heute nicht klar ist, ob Firmenchef Friedrich Alfred Krupp in seiner Villa auf Capri mit italienischen Lustknaben wüste Orgien feierte oder einfach nur das Opfer von Verleumdungen wurde.
Sicher ist dagegen, dass ein solcher Stoff, in dem sich die große Politik und das individuelle Schicksal verweben, wie geschaffen für Kino und Fernsehen ist. Aber nach Luchino Viscontis Dekadenzdrama "Die Verdammten" (1969), das voller Anspielungen auf die Krupps im Dritten Reich ist, hat sich kein namhafter Regisseur mehr an das Thema herangetraut.

Seit 20 Jahren in der Planung

Dabei wird das Projekt in TV-Kreisen seit mehr als zwanzig Jahren diskutiert. Warum es gerade jetzt neu verfilmt wurde, weiß keiner so genau: ein Jubiläum im Hause Krupp steht jedenfalls nicht an. Und dass es als Dreiteiler im Zweiten laufen würde, stand auch lange nicht fest. Noch Ende 2005 verkündete die Produktionsfirma Degeto, sie würde einen Zweiteiler über die Krupps fürs Erste produzieren.

Schon damals war für die Hauptrolle Iris Berben vorgesehen, deren Mutter zwei Jahre für Krupp gearbeitet hat und die sagt: "Als Kind dachte ich, Essen gehört den Krupps." Hinzugekommen ist ihr Sohn Oliver als Produzent. Diese Aufgabenverteilung hätte auch den geschäftstüchtigen Stahlwerkern imponiert, denn so bleiben die Einnahmen in der Familie.

Gedreht in Bayern, auf Capri und in Österreich

Satte 11,4 Millionen Euro hat sich das ZDF die Produktion kosten lassen, für die Schauspieler wie Benjamin Sadler und Heino Ferch ihr Gesicht in die Kamera halten. Gedreht wurde in Bayern, auf Capri und in Österreich, aber nicht in der Villa Hügel, dem einstigen Krupp-Wohnsitz, sondern auf Schloss Nordhorn.

Auch sonst nimmt man es mit der Authentizität nicht so genau. Zwar beteuern die ZDF-Verantwortlichen, sie hätten für den Dreiteiler ausgiebig recherchiert. Ein Anruf beim Historischen Archiv Krupp in Essen klärt dann allerdings darüber auf, dass das Archiv zwar für die begleitende Doku "Krupp - Mythos und Wahrheit" das ZDF unterstützt hat, es aber keine Kooperation bei dem TV-Film gab.

"Emotionen stehen nicht in den Akten"

... rechtfertigt Regisseur Carlo Rola das Übergewicht des Fiktionalen in seinem aus der Sicht der Familienmitglieder erzählten Film. Deshalb sieht er aber auch wie die Soap "Das Erbe der Guldenburgs" aus und nicht wie Heinrich Breloers "Die Manns".

Rainer Unruh

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