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Beat: Lohnt sich die Amazon-Serie? Ein Pro und Kontra zum Start

Beat spielt in der Berliner Technoszene
"Beat" spielt (nicht nur!) in der Berliner Technoszene Amazon

Seit dem 9. November steht "Beat" bei Amazon Prime Video zur Verfügung. In sieben Folgen erzählt Regisseur Marco Kreuzpainter eine Geschichte aus der pulsierenden Berliner Partymetropole: Neben Drogen und Sex geht es um die Geschäfte eines internationalen Verbrechersyndikats. Über die Qualität diskutieren zwei TV SPIELFILM-Redakteure.

Die fünfte deutsche Amazon-Serie "Beat" entführt die Zuschauer ins Berliner Club-Milieu. Im Mittelpunkt steht Robert Schlag, genannt Beat (Jannis Niewöhner). Der bestens vernetzte Promoter eines Szeneclubs wird vom Geheimdienst (Christian Berkel, Karoline Herfurth) angeworben, um an die Hintermänner von organisiertem Organhandel zu kommen. In sieben Folgen wird nach den Drehbüchern von Norbert Eberlein eine Geschichte erzählt, die schnell die Frage aufwirft: Ist das jetzt mutiges, modernes Fernsehen oder überladen und viel zu bemüht?

Die Redakteure Fischer und Meyer präsentieren ein klassisches Pro und Kontra. Der eine lobt "Beat" als knallharten Thriller, der sich pointiert mit aktuellen Themen wie der Flüchtlingskrise und illegalem Organhandel auseinandersetzt. Der andere zerpflückt genau diesen Aspekt und fragt sich, warum die Macher eigentlich alles auf einmal versuchen wollten.

Na was denn nun? Lohnt sich "Beat", oder nicht?

Redakteur Maximilian Fischer sagt: JA!

Ein Technokrimi in Berlin? Schon während der Dreharbeiten stemmten sich Technoliebhaber gegen die neue Amazon-Serie von Marco Kreuzpaintner ("Sommersturm") und fürchteten den Ausverkauf ihrer Szene. Jetzt ist die Show draußen und zumindest mit einer Sache hatten die Skeptiker Recht. "Beat" ist als Speerspitze des deutschen Serienbooms nicht nur etwas für leidenschaftliche Raver. Die Serie ist wild, ungemütlich, nicht perfekt und gerade deswegen so faszinierend.

In erster Linie ist "Beat" nicht nur ein Sittenbild des Berliner Nachtlebens, sondern ein pulsierender Thriller mit großartigem Soundtrack, der, zum Leidwesen einiger Zuschauer, die kahlen Clubwände ein ums andere Mal hinter sich lässt, um einen Verbrechersyndikat, angeführt vom großartigen Alexander Fehling ("Der Hauptmann") als Gangsterboss, auf die Spur zu kommen, das im Schutze der Nacht mit illegalem Organhandel schmutziges Geld verdient. Die Bässe der Tanzkathedrale schwingen aber auch hier noch mit. Man spürt sie in den Milieu-Dialogen, wunderbar ehrlich vorgetragen von Berufsdruffi Jannis Niewöhner ("Asphaltgorillas") und Freunden (u.a. Hanno Koffler als Clubbesitzer), und in den virtuos inszenierten Parallelmontagen, die am liebsten die ganze Welt erklären würden und dabei wunderschön scheitern. Techno ist der Klebstoff, der dieses mal konventionelle, mal irre Gebilde zusammenhält. Der Flickenteppich "Beat" ist kein durchkomponiertes Gesamtkunstwerk, aber so voll von schönen Momenten, es ist ein Erlebnis.

Man merkt der Serie an, dass ihr Regisseur, zumindest laut eigener Aussage, völlige kreative Freiheit genoss. Dabei schießt Kreuzpaintner vielleicht einige Mal über das Ziel hinaus - aber darum geht's ja auch irgendwie beim Techno: Grenzüberschreitung!

Redakteur Rüdiger Meyer meint: NEIN!

Streaming-Dienste wie Amazon und Netflix sind mit dem Ziel angetreten, Serienmachern völlige Freiheit für Stoffe zu bieten, die kein anderer realisieren will. "Beat", ein faszinierendes Porträt der Berliner Club- und Techno-Szene, erfüllt diesen Anspruch voll und ganz - für etwa 30 Minuten. Dann hängen im Club von Robert Schlag (Jannis Niewöhner) - origineller Spitzname "Beat" - zwei Leichen von der Decke. Und mit ihnen stirbt auch der Mut von Regisseur Marco Kreuzpaintner ("Krabat"). Statt Szeneporträt gibt es von nun an einen Experimental-"Tatort" mit Christian Berkel und Karoline Herfurth als blassem Ermittler-Duo.

Dabei ist Kreuzpaintner und dem großartig aufspielenden Hauptdarsteller Jannis Niewöhner noch der geringste Vorwurf zu machen. Das Problem der Serie liegt in den Drehbüchern von Norbert Eberlein ("Neues aus Büttenwarder", "Großstadtrevier"). Pathetische Monologe ("Jenseits unserer Betroffenheit ist Gewalt ein Motor für Gewinn und Wachstum") und platte Metaphern ("Mit den Beatles began die Fantasie, dass wenn Du es nicht alleine schaffst, du es mit ein paar Kumpels auf die Beine stellen kannst") lassen den Wunsch nach einer Rückkehr der Stummfilm-Ära aufkommen. Figuren wie Jasper (Kostja Ullmann) werden groß aufgebaut und dann fallen gelassen. Und die Handlung wird mit Themen überfrachtet.

Ja, es ist vollkommen legitim Organhandel zu thematisieren. Ein Kommentar zur deutschen Rolle im Waffenhandel ist ebenso überfällig wie eine Betrachtung der Ursachen der Flüchtlingskrise. Aber alles drei zusammen? In sieben Folgen? Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen. Das gilt auch für die Lauflänge. Dank Episodenlängen von 54 bis 70 Minuten schafft es "Beat" nie, den Takt zu halten.