Wer viel Zeit vor der Kamera verbringt, scheint oft genug irgendwann einmal auch auf die andere Seite zu wechseln. Besonders in der Traumfabrik haben sich schon viele als Schauspieler etablierte Stars auch als Regisseure versucht. Ein Paar Beispiele gefällig? Robert De Niro ("In den Straßen der Bronx"), Ryan Gosling ("Lost River"), Ben Affleck ("Argo"), George Clooney ("Suburbicon"), Angelina Jolie ("Unbroken"), Jodie Foster ("Money Monster") – und jüngst fuhr Bradley Cooper mit "A Star Is Born" einen großen Erfolg ein.

In diese Riege hat sich nun auch Jonah Hill mit seinem Regiedebüt "mid90s" eingereiht. Hill machte zu Beginn seiner Karriere vor allem mit seinem komödiantischen Talent auf sich aufmerksam, ehe er auch für seine ernsteren Rollen Beachtung fand. Mittlerweile kann er auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken, die ihm schon zwei Oscarnominierungen einbrachte und ihn mit Meistern des Fachs wie Martin Scorsese ("The Wolf Of Wall Street"), den Coen Brüdern ("Hail, Caesar!") oder Quentin Tarantino ("Django Unchained") zusammengebracht hat und in deren Fußstapfen er jetzt treten könnte.

Von Meistern gelernt

Die Zeit am Set mit den großen Filmemachern ging nicht spurlos an ihm vorbei und entpuppte sich als äußerst lehrreich: "Einfach alles weiß ich von ihnen", verriet Hill im Gespräch mit TV SPIELFILM. "Ich sehe sie wirklich als Professoren an, als Lehrer." Es sei großartig gewesen, dass er ihnen bei der Arbeit zuschauen und dabei beobachten konnte, wie sie Entscheidungen treffen, Probleme lösen und dabei auch noch eine Geschichte erzählen. "Ich kann mich echt glücklich schätzen."

Warum aber erzählt er ausgerechnet von dem kleinen Stevie (Sunny Suljic), der einer Gruppe älterer Skater imponieren möchte? "Ich habe einfach über meine ersten 20 Jahre meines Lebens reflektiert", führte Hill aus. "Und dabei habe ich mir überlegt, wie wohl ein Dokumentarfilm über meine Sichtweise aufs Heranwachsen aussehen würde." Ähnlich wie im Film gab es auch in Hills jungen Jahren ältere Teenager, zu denen er aufsah – diese Eindrucke und Einflüsse finden sich überall in seiner Regiearbeit.

Die 90er voll auf die Ohren

Dokumentarisch wirkt "mid90s" beizeiten tatsächlich, wenn die Erzählung zwischendurch innehält und man einem authentisch wirkenden Gespräch zwischen einem Skater und einem, so scheint es, armen Schlucker lauschen kann. Aber mehr noch gelingt es Hill, ein besonders nostalgisches Gefühl zu erzeugen: Der Ton und die Optik wirken nicht nur gewollt, sondern tatsächlich angestaubt, die Referenzen lassen das Herz eines Jeden, der in dieser Zeit aufwuchs, höherschlagen. Einen großen Anteil daran hat auch der Soundtrack, der dem Zuschauer reihenweise Klassiker um die Ohren haut.

"Die Songauswahl ist eng verknüpft mit dem Drehbuch-Schreibprozess", erklärte der Star. "Wann immer ich einen neuen Film mache, ganz gleich ob als Schauspieler, Autor oder jetzt Regisseur, stelle ich mir einen Musik-Mix zusammen und wähle dann einzelne Lieder für spezifische Szenen aus." Sich auf ein Lieblingsalbum oder ein Lieblingslied aus den 90ern festzulegen, möchte er aber nicht. "Ich denke, dass der Soundtrack einen sehr guten Überblick über meine Favoriten aus der Zeit bietet."

Echte Skater

Die Referenzen und die Ästhetik stimmen, aber für einen wirklich authentischen Film braucht man auch entsprechend glaubwürdige Darsteller. Während Größen wie Katherine Waterston ("Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind") und Lucas Hedges ("Manchester by the Sea") in Nebenrollen wichtige Impulse liefern, tragen der junge Sunny Suljic und die Skater-Boys "mid90s" zum größten Teil. Bei der Besetzung insbesondere der älteren Jungs setzte Hill voll und ganz auf echte Typen: "Ich wollte von Anfang echte Skater für diese Rollen besetzen und nicht einfach Schauspieler, die dann nur so tun sollten, als wären sie Skater. Ich finde, das machen einfach viele Filme falsch, wenn es darum geht, diesen Sport darzustellen."

In der lokalen Skater-Gemeinschaft haben er und seine Casting-Direktorin nach Talenten gesucht, zudem schauten sie sich auch ein Straßen-Event an. "Gemeinsam fanden wir die besten jungen Schauspieler, die Skater waren. Und das waren im Klartext Skater, die gerne Schauspieler werden wollten und das beste, natürliche Talent mitgebracht haben." Aber warst du eigentlich auch ein Skater, Jonah? "Ja, tatsächlich. Ich war nicht wirklich gut darin, aber ich habe viel Zeit damit verbracht, auf dem Brett zu stehen, ich habe es sehr geliebt. Das Beste, was ich draufhatte, waren Kickflips, Shove-its und 180s – also echt nichts Besonderes."

"mid90s" ist seit dem 7. März 2019 in deutschen Kinos zu sehen. Nachfolgend könnt ihr euch noch den Trailer anschauen: