Eine heruntergekommen U-Bahn-Station liegt verborgen im Schatten der Hochhäuser von Gotham City. Es ist Nacht, genauer gesagt Halloween, und es regnet in Strömen. Eine Bande Halbstarker mit aufgemalten Clowns-Gesichtern nähert sich einem Mann. Zwei drücken ihn gegen einen Zaun, einer will zuschlagen. Doch dann hört er schwere, wummernde Schritte aus der Dunkelheit – und aus dem Schatten tritt langsam Batman (Robert Pattinson) hervor.

Die Clown-Bande greift ihn an. Aber sie haben keine Chance. Der Gerette liegt starr am Boden. Batman reicht ihm die Hand und will ihm aufhelfen. Doch der Mann weicht zurück. "Bitte", wimmert er ängstlich, "Tu mir nicht weh."

So wird der neue Dunkle Ritter in "The Batman" eingeführt: düster, brutal und kompromisslos. Einen Batman wie ihn gab es bisher noch nicht. Im direkten Vergleich wirkt selbst "The Dark Knight" wie ein Gutelaunefilm dagegen.

Darum geht's in "The Batman" mit Robert Pattinson

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Der Riddler (Paul Dano) hat es auf die mächtigen Personen in Gotham City abgesehen.

Die Handlung der Neuauflage mit Robert Pattinson basiert lose auf den Comics "Das erste Jahr", "Das lange Halloween", "Ego" und "Jahr Null" und setzt relativ am Anfang von Batmans Karriere als Verbrechensbekämpfer ein – genauer gesagt in seinem zweiten Jahr. In dieser Zeit hat er sich bereits einen Namen gemacht und die kriminelle Unterwelt aber auch die Bürger und Bürgerinnen von Gotham City in Angst und Schrecken versetzt. Selbst die Polizei will mit Batman nichts zu tun haben. Nur Leutnant James Gordon (Jeffrey Wright) sieht in ihm einen Verbündeten.

Und genau er setzt Batman auf seinen bis dato härtesten Fall an: Ein Serienkiller namens Riddler (Paul Dano) treibt in Gotham City sein Unwesen. Sein Ziel sind die einflussreichsten Persönlichkeiten der Stadt. Dabei hinterlässt der Riddler bei seinen Opfern immer einen Briefumschlag mit einem Rätsel, der an Batman adressiert ist. Die Lösungen dieser führen den Dunklen Ritter aber weniger zum Serienkiller selbst, als immer tiefer in den Verbrechersumpf von Gotham City, wo er auf eine gigantische Verschwörung stößt, die die Stadt in ihren Grundfesten erschüttern wird.

Einen Batman wie diesen gab es bisher noch nicht

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James Gordnon (Jeffrey Wright, l.) und Batman (Robert Pattinson, r.) machen Jagd auf den Riddler.

Wer dachte, "The Dark Knight" wäre schon düster gewesen, wird bei "The Batman" sein schauriges Wunder erleben. Bereits mit seiner Anfangssequenz, in welcher der Riddler seinem ersten Opfer auflauert und es dann brutalst massakriert, erinnert der DC-Streifen stark an einen Horror-Thriller. Und diese bedrohliche Atmosphäre zieht sich durch den ganzen Film und ist vor allem der starken Kameraarbeit von Greig Fraser sowie dem phänomenalen Soundtrack von Michael Giacchino zu verdanken.

Batman ist in dieser Version ein gebrochener Detektiv, der einen pschopathischen Serienkiller fassen muss. Und auch die restlichen Figuren und ihre Geschichten glänzen nicht mit Optimismus, sondern wälzen sich schier in ihren Abgründen. So erinnert "The Batman" nicht umsonst in seinen besten Momenten wegen besagter Trost- und Hoffnungslosigkeit (und des ständigen Regens) an "Sieben" von David Fincher oder an zynische Crime-Thriller wie "Chinatown". Und ähnlich wie in dem Klassiker von Roman Polański Los Angeles als Sündenpfuhl zum Leben erweckt wird, wird in "The Batman" auch Gotham City zu einem eigenständigen Charakter, zu einem undurchdringlichen Sumpf, der alles Gute verschluckt.

So bleibt der Film verglichen mit anderen Batman- und Comicfilmen auch sehr bodenständig und realistisch. Allein schon Batmans Anzug mit seinen Springerstiefeln, den Taschen am Gürtel und den Beinen sowie der gepolsterten Militärhose wirkt, als könne sich das jeder im eigenen Keller zusammenbasteln. Abgefahrene Gadgets sucht man vergeblich.

Auch groß inszenierte Action gibt es nur an zwei Stellen: Die eine ist eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit dem Verbrecherboss Pinguin (Colin Farrell), bei der der eigene Brustkorb zu vibrieren anfängt, sobald der brachiale Motor des neuen Batmobils gestartet wird. Die zweite ist das Finale, das sich bei all der vorangegangenen Bodenständigkeit zunächst etwas fremd anfühlt, aber in seiner bombastischen Haltung für einen Comicfilm-Touch sorgt. Ein paar Raufereien mögen noch eingestreut sein, aber ansonsten erzählt "The Batman" schlicht eine Detektiv-Geschichte.

In "The Batman" überzeugt selbst die kleinste Nebenrolle

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Ein echtes Dreamteam: Catwoman (Zoë Kravitz, l.) und Batman (Robert Pattinson, r.).

Dass dieses Konzept nicht zur Lachnummer wird oder sich der Film zu ernst nimmt, ist bei "The Batman" dem Talent von Matt Reeves zu verdanken, der die Regie übernahm und das Drehbuch schrieb. Auch die Schauspieler füllen ihre Rollen mit einer beeindruckenden Tiefe aus. Zudem bekommt jede Figur, egal ob sie nur fünf der insgesamt 176 Minuten zu sehen ist, ihren Moment.

Robert Pattinson nimmt man den noch recht jungen, aber psychisch schon verbrauchten Bruce Way aka Batman in jeder Sekunde ab. Und auch seine körperliche Physis ist beeindruckend und angsteinflößend. Zoë Kravitz füllt die großen Fußstapfen von Catwoman-Ikone Michelle Pfeiffer praktisch makellos aus und lässt die Version von Anne Hathaway in der Rückschau noch blasser wirken. Sie ist ohne Frage das heimliche Highlight des Films – tough, unabhängig, schlagfertig und niemandem unterlegen. Von ihrer Sorte braucht es mehr in der heutigen Filmwelt. Noch dazu ist Kravitz' Chemie mit Pattinson schlichtweg atemberaubend.

Ebenfalls fantastisch sind Jeffrey Wright als James Gordon und Andy Serkis als Alfred Pennyworth, obwohl sie beide eine eher untergeordnete Rolle spielen. Dennoch haben auch sie diesen Figuren die nötige Frischzellenkur verpasst und ihnen neue Facetten abgewonnen. Wrights Gordon ist viel körperlicher als vorherige Inkarnationen und presst Batman schon einmal an eine Wand, wenn ihm der Geduldsfaden reißt. Und Alfred hat sichtlich mit dem Tod von Bruce' Eltern und seiner Mentorenbeziehung zu kämpfen.

Das Lob gilt auch den Bösewichten. Paul Dano liefert als Riddler die beängstigendste und beste Schauspielleistung seiner Karriere ab – und das obwohl er 95 Prozent des Films eine Maske trägt. John Turturro, der eigentlich eher im Komödien-Sujet beheimatet ist, ist der beste Leinwand-Mafioso seit Jahrzehnten. Colin Farrell spielt den Pinguin derweil sichtlich mit Spaß und (im Originalton) mit einem New Yorker Akzent, vor dem man sich am liebsten verneigen möchte.

Fazit: "The Batman" ist nichts für jeden Geschmack

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Colin Farrell ist als Pinguin nicht wiederzuerkennen.

Am Ende dürfte "The Batman" viele Fans für sich gewinnen – und vielleicht auch den ein oder anderen "The Dark Knight"-Jünger überzeugen, dass der Thron von Regisseur Christopher Nolan und seiner "Dark Knight"-Trilogie mit Christian Bale jetzt mindestens wackelt. Dennoch ist der Film mit Robert Pattinson definitiv nichts für jeden Geschmack.

Leichtigkeit und buntes Spektakel wie es noch bei "Batman Forever" und "Batman & Robin" von Joel Schumacher der Fall war, sucht man hier vergebens, ebenso wie das Surreale und Exzentrische aus "Batman" und "Batmans Rückkehr" von Tim Burton. Selbst die etwas erwachseneren und düsteren Interpretationen, wie zuletzt in "Batman v Superman: Dawn of Justice" fühlen sich verglichen mit "The Batman" wie Karneval an. Das kann begeistern, muss es aber nicht. Für mich ist "The Batman" im Bereich der Comicfilme aber ein Meisterwerk, das uns den Dunklen Ritter so dreckig und abgründig präsentiert wie nie zuvor.

Und so viel sei vorab schon gesagt: Am Ende wird uns schon ein neuer Bösewicht präsentiert. Und diese Figur, verkörpert von diesem speziellen Schauspieler, dürfte "The Batman 2", der leider noch nicht bestätigt ist, nochmal um einiges düsterer machen. Das kann nur spektakulär werden.