Biografien zu Erfinderinnen oder Wissenschaftlern sind gemeinhin keine großen Kinokassenknüller. Zuweilen aber behaupten sie sich doch ganz gut.
So spielten die 2014 angelaufenen Filme zum Mathematiker Alan Turing ("The Imitation Game") und zum Astrophysiker Stephen Hawking ("Die Entdeckung der Unendlichkeit") weltweit zusammen über 300 Millionen US-Dollar ein. Immer wieder Thema ist die Chemikerin und Physikerin Marie Curie; vor ein paar Wochen erst kam "Marie Curie - Elemente des Lebens" mit Rosamund Pike in die Kinos.
Mit Ethan Hawke in der Hauptrolle ist nun auch "Tesla" prominent besetzt: Es geht um den enigmatischen, im heutigen Kroatien geborenen Erfinder und Physiker Nikola Tesla (1856-1943). Bekannt vor allem durch seine Erfindungen rund um Wechselstrom.
Vor wenigen Wochen erst war "Edison - Leben voller Licht" mit Benedict Cumberbatch in den Kinos angelaufen, nun fokussiert Regisseur Michael Almereyda in diesem Film auf dessen Gegenspieler und die Unterschiede zwischen beiden Männern: Thomas Alva Edison hält erstmal nicht so viel vom Wechselstrom, möchte am Gleichstrom festhalten.
Gleich in einer der allerersten Szene treffen er und Tesla im New York des Jahres 1884 aufeinander: Der grauhaarige Edison (gespielt von der "Twin Peaks"-Ikone Kyle MacLachlan) sowie der mit einem Schnauzer angetane, stets ernstblickende Einwanderer und Elektroingenieur aus Europa. Zwar soll Tesla bald für Edison arbeiten; allzu lang aber währt die Kooperation nicht.
Es geht hier nicht nur um die eine große Frage (Wechsel- oder Gleichstrom?), um die Elektrifizierung New Yorks und Amerikas. Selbst die Frage, wieviel Volt man wohl braucht, um einen Menschen zu töten - sie spielt in diesem wunderbar ausgeleuchteten, von kongenial dräuender Musik flankierten Mischwesen aus Kunstkino und Historiendrama (dem es leider hier und dort an Erzähldynamik gebricht) eine Rolle.
Für die Erkenntnis zwar, dass Ethan Hawke ein wirklich toller Darsteller ist, hätte es dieses Films nicht bedurft: Man denke nur an sein selbstironisches Spiel in "La Vérité" (2020); von grandiosen früheren Auftritten (ob in "Boyhood" oder dem "Club der toten Dichter" ganz zu schweigen). Auch sein nun mit kontrollierter Kraft und Konzentration für die Kinoleinwand entworfener Nikola Tesla aber fasziniert. Wenn auch Drehbuch und Regie Hawke nicht all zu viel Raum für Nuancen und Abweichungen zugestehen.
Noch spannender indes sind die, Tesla wie Satelliten umkreisenden Frauenfiguren: Voran die, von der Irin Eve Hewson verkörperte Anne Morgan (Tochter des Privatbankiers J.P. Morgan), sowie die, als einer der ersten Weltstars der Geschichte geltende Schauspielerin Sarah Bernhardt (gespielt von der Französin Rebecca Dayan). Eine Stärke des Films: Bei aller Wissenschaft gestattet er sich auch kurze Anmerkungen zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte.
Vieles erscheint schwer und bedeutungsvoll in diesem Film; manch charmant-ironische Idee hat da kaum eine Chance. Der ernste Ton fasziniert und nimmt schnell für "Tesla" ein. Auf die Dauer aber wirkt der gedämpfte Duktus, ohne den hier kaum ein Dialog auskommt, manieriert. Zuweilen wähnt man sich in einem Mafia-Drama: finster dreinblickende, sich verschwörerisch zuraunende Männer. Umso größer die Freude, als doch einmal der Ansatz eines Lächelns über Hawkes Gesicht huscht. Auch, dass US-Regisseur und Skriptautor Almereyda seinem Landsmann kurz vor Schluss eine fürwahr skurrile Gesangseinlage (Tears for Fears' "Everybody Wants To Rule The World") schenkt, überrascht.
Und, wer weiß: Vielleicht taugt der Film ja doch als (wenngleich hochartifizielle) Geschichtsstunde. Vor allem für diejenigen Kinobesucher, die beim Namen Tesla eher an flotte E-Autos und Elon Musk denken und weniger an die Vorzüge von Wechselstrom.