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TV-Kritik

Prinzessinnenbad (Dienstag, Arte, 21.00 Uhr)

Beeindruckender Dokufilm über drei Berliner Teenager zwischen Lust und Frust.

"ICH BIN AUS KREUZBERG, DU MUSCHI"
Sie rauchen, saufen, werfen Drogen ein und fluchen wie alte Waschweiber. Man könnte Mitleid mit ihnen haben oder sie zum Mond wünschen, so abgefuckt und cool wie sie sich geben. Klara, Mina und Tanutscha sind 15 und die Hauptdarstellerinnen in Bettina Blümners Dokumentarfilm "Prinzessinnenbad". Ein Jahr lang begleitete die Kamera die drei Freundinnen aus Kreuzberg zwischen Schule und Schwimmbad, kaputter Familie, Partys und Jungs. Ein beeindruckendes Porträt einer Jugend in Not.

Die Pubertät kann eine harte Zeit sein, in Kreuzberg sogar knallhart. Klara hat die Schule abgebrochen, ihrer Oma 2000 Euro geklaut und muss nun Strafstunden abbrummen. Was sie mal werden will? Vielleicht Pornodarstellerin oder Tierpflegerin, am besten was ohne Ausbildung und mit viel Kohle. Ihre alleinerziehende Mutter ist jedenfalls schon froh, wenn Klara kein Heroin nimmt und nicht schwanger wird. Tanutscha paukt für ihren Realschulabschluss, geht aber aus Liebeskummer nicht zur Schule. Mina wird ihren 20-jährigen Freund verlieren, denn der trampt ohne sie ein Jahr durch Armerika. Diese Mädchen haben eigentlich keine Chance, verstehen es aber blendend, sich in Pose zu werfen und kackfrech auf dicke Hose zu machen - wie die von Klara bewunderten türkischen Macker aus dem Viertel. Wer ihr dumm kommt, wird mit einem herzhaften "Ich bin aus Kreuzberg, du Muschi" abgefertigt.

Das Leben am unteren Ende der Gesellschaft ist kein Ponyhof. Allzuoft haben wir Typen wie Klara, Mina und Tanutscha schon in einschlägigen Dokusoaps gesehen, erzogen von Supernannys, gedrillt in irgendwelchen Bootcamps. Und allzuoft wurden die Kids dabei nur vorgeführt und der Lächerlichkeit preisgegeben.

"Prinzessinnnenbad" ist anders. Der Film kommt ohne Mätzchen aus, beschränkt sich aufs Wesentliche, zwingt zum Hinsehen und Zuhören. Es gibt keine Kommentare aus dem Off, keine aufdringliche Effektmusik, keine fixen Schnitte, dafür eine geduldige Kamera und Originaltöne satt.

Die Wirkung ist frappierend: Die drei Früchtchen wachsen einem richtig ans Herz. Man wünscht den Mädels, dass sie irgendwann wissen, wo es langgeht. Dass sie nicht so kläglich scheitern wie ihre zur Erziehung unfähigen Eltern oder im Knast oder unter einer Brücke enden.

Thomas Meins