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TV-Kritik

Die Superlehrer (Sat.1, Montag, 20.15 Uhr)

In einer neuen Doku-Soap verkohlt Sat.1 die Mitwirkenden und den Zuschauer

DEUTSCHLANDS HÄRTESTE LEHRER?
Genaue Zahlen sind schwer zu bekommen, aber man darf von ca. 77.000 Jugendlichen ausgehen, die im Laufe jedes Jahres die Schule ohne Abschluss verlassen. (Was nicht heißt, dass sie nicht später noch vieles nachholen.) Die Gesamtzahl ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz, für den Einzelnen eine miserable Ausgangsbasis für die eigene Zukunft - wohl aber, folgt man dem privaten Fernsehen, eine 1A-Empfehlung für die vielen Reality-Soaps, die nachmittags und inzwischen nun auch am Abend den Bildschirm füllen.

Und so wurde für die neue Superlehrer-Soap das bekannte Personal rekrutiert: Scheidungswaisen, Mobbing-Opfer, Kleinkriminelle, Schulschwänzer, gerne mit Migrantenhintergrund. 16 Kandidaten wollen, können oder sollen - das ist nicht so ganz klar - in vier Monaten Frontalunterricht den Hauptschulabschluss machen. Klar hingegen ist, dass mit ihnen nicht gut Kirschen zu essen ist. Und dass sie weniger der Schulabschluss als die mediale Eigenwahrnehmung interessiert.

Dass aber Sat.1 ernsthaft behauptet, dass vier Lehrer und die obligatorische Sozialpädagogin aus diesen Kids ("Deutschlands härteste Schulklasse!" jodelte aus dem Off) ordentliche und ehrgeizige "Mitglieder der Gesellschaft" machen könnten, die - so wurde es tatsächlich verlangt! - aufstehen und "Guten Morgen" rufen, grenzt an Zuschauerverblödung.

Und die wurde reichlich betrieben. Beispiel: Handy-Verbot im Unterricht. Eine der vier Grundregeln der Teilnahme. Und da "wir" ja alle wissen, was dem Unterschichten-Teenie sein Handy bedeutet, gab es prompt im Gegenschnitt - ganz nach der Dramaturgie bereits erwähnter Soaps - trotzige Gesichter und erste Anflüge von Rebellion. Aber stimmt das auch? Oder doch nur ein billiger Kick für den sensationsgeilen Zuschauer?

Da werden Welten aufeinander losgelassen. Und ich weiß nicht, mit wem ich mehr Mitleid habe: mit diesen seltsam hilflosen Super-Pädagogen, die Problemschulen wohl auch nur aus der Zeitung kennen. Oder mit den 16 Schülern, denen allein mit der Teilnahme an dieser Show suggeriert wird, dass sie am Ende locker den Sprung in die Arbeitswelt schaffen, weil das ist nämlich so im Fernsehen.

Heike Barnitzke