Serie zu kennen, gehört heute zum guten Ton. Doch welche Folgen sollte man (unbedingt) gesehen haben? Wir stellen euch 100 Serienepisoden seit 1990 vor, an denen kein TV-Interessierter vorbeikommt. Ob die besten Netflix Original-Serien, spannende Serien-Geheimtipps oder ewige Klassiker wie "Breaking Bad", "24" oder "Lost": In unserer Liste finden sich die wichtigsten Meilensteine der modernen Serienproduktion.

Die Kriterien für die Liste waren simpel: Die Folgen mussten ihre Premiere nach dem 1. Januar 1990 gehabt haben, sie müssen in Deutschland gelaufen sein und vor allen Dingen: sie müssen etwas haben, was sie einzigartig, unvergesslich oder wegweisend gemacht hat. Und damit die Liste nicht monoton wird, durfte jede Serie nur mit einer Episode vertreten sein.

Und wenn Ihr noch mehr Serien-Futter sucht:
Hier stellen wir euch die wichtigsten 50 US-Serien aller Zeiten vor und ergänzen die Liste um Perlen aus Großbritannien und Skandinavien.

Die 50 wichtigsten Serienepisoden seit 1990

Die Top 50 hat unser "Bingenweisheiten"-Podcast-Team in seiner Jubiläumsfolge gekürt.

100. CSI: Staffel 5, Episode 24+25

Getty Images

Episodentitel: Grabesstille (OT: Grave Danger)
Regie: Quentin Tarantino ("Pulp Fiction")
Drehbuch: Quentin Tarantino, Anthony E. Zuiker, Darol Mendelsohn, Naren Shankar
Erstausstrahlung: 19.Mai 2005 (30,73 Mio. Zuschauer, CBS)
Dt. Erstausstrahlung: 31.5.2006 (VOX), 28.12.2009 (RTL Crime)

Begründung:
2005 war CSI das meistgesehene Programm der USA - und das zweiteilige Finale der fünften Staffel war die meistgesehene Sendung der TV-Saison. Der Hauptgrund lag am Regisseur. Kurz nachdem Quentin Tarantino in "Kill Bill" Uma Thurman lebendig begraben hatte, steckte er George Eads in dieser Doppelfolge bei lebendigem Leine in einen Sarg. Es war zwar nicht Tarantinos erster Serien-Ausflug (den hatte er zehn Jahre zuvor bei "emergency room"), aber auch 2005 war es für Hollywood-Stars vor und hinter der Kamera noch äußerst ungewöhnlich, sich für Serien zu erniedrigen.

99. Suits: Staffel 5, Episode 15

Sender

Episodentitel: Die Zeit läuft (OT: Tick Tock)
Regie: Roger Kumble ("Eiskalte Engel")
Drehbuch: Daniel Arkin
Erstausstrahlung: 24.2.2016 (1,73 Mio. Zuschauer, USA Network)
Dr. Erstausstrahlung: 24.5.2016 (Fox)

Begründung:
Suits würde vermutlich niemals eine Hauptfigur killen. Aber mit der vorletzten Folge der fünften Staffel entschieden sich die Autoren, das Konzept der Serie zu killen. Vier Staffeln lang durfte Hochstapler Mike Ross mit Star-Anwalt Harvey Specter frotzeln und das Recht beugen. Doch mit Staffeln fünf war es aus mit den fluffigen Geschichten. Das Lügen-Kartenhaus begann zusammenbrechen - und dieses Mal konnten sich selbst die aalglatten Juristen nicht draus herauswinden. Mit Episode 15 muss Mike die Konsequenzen für etwas tragen, was in der ersten Folge seinen Anfang nahm - und der Status Quo der Serie war für immer verändert.

98. Der Fahnder: Staffel 5, Episode 8

Getty Images

Episodentitel: Nachtwache
Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Günter Schütter
Erstausstrahlung: 23.12.1993 (WDR??)

Begründung:
Derrick, Ein Fall für Zwei, Der Alte und SOKO 5113. Das war die triste deutsche Krimi-Welt im Jahr 1984. Dann kam Klaus Wennemann. Als "Der Fahnder" verkörperte er einen Polizisten wie ihn das deutsche TV noch nicht kannte: einen Schimanski für das ARD-Vorabendprogramm. Der Sendeplatz wurde immer wieder zum Problem, denn die rauen "Fahnder"-Stoffe waren eigentlich etwas für das Abendprogramm - besonders, wenn Serienerfinder Dominik Graf inszenierte. Bereits ein Jahr zuvor hatte er mit "Baal" eine deutsche Variante von "Kap der Angst" gedreht. In "Nachtwache" muss Fahnder Faber eine Kronzeugin (Maja Maranow) in einem halb fertigen Hochhaus beschützen. Das ist nicht nur eine "Stirb Langsam"-Variante sondern streut mitten drin bizarre Mystery-Effekte ein, wie eine wackelnde Bäckerpuppe im Schaufenster. Ein Kunst-Krimi.

97. Hannibal: Staffel 2, Episode 13

Sender

Episodentitel: Vergebung (OT: Mizumono)
Erstausstrahlung: 23.5.2014 (2,35 Mio. Zuschauer, NBC)
Dt. Erstausstrahlung: 22.8.2014 (Sat.1 Emotions)
Regie: David Slade ("Hard Candy")
Drehbuch: Steve Lightfoot, Bryan Fuller

Begründung:
Alle reden zu Recht über die Rote Hochzeit von "Game of Thrones". Doch ein Jahr später schockte diese "Hannibal"-Folge ihre Zuschauer noch mehr. Nicht nur, weil es keine Buchvorlage gab, die das Ganze bereits vorhergesagt hatte. Denn eigentlich alle wichtigen Figuren der Serie - abgesehen von "Hannibal" selber - beendeten die Episode in einer Lache voll Blut. Und während "Game of Thrones"-Fans eine Woche später eine weitere Folge zum runterkommen bekamen, mussten "Hannibal"-Fans mehr als ein Jahr mit der Ungewissheit leben wer überlebt hat.

96. American Horror Story: Staffel 3, Episode 13

Sender

Episodentitel: Die sieben Wunder (OT: The Seven Wonders)
Erstausstrahlung: 29.1.2014 (FX)
Dt. Erstausstrahlung: 26.2.2014 (4,24 Mio. Zuschauer, Fox)
Regie: Alfonso Gomez-Rejon ("Ich und Earl und das Mädchen")
Drehbuch: Douglas Petrie

Begründung:
Das Finale von Staffel 3 ist vielleicht die "schönste" Folge dieser bluttriefenden, fetischverliebten Anthologieserie. Die Geschichte um eine Hexenschule in New Orleans mündet in einen furiosen Zauberwettkampf, der klarmacht, wofür das bizarre Baby von Ryan Murphy ("Nip/Tuck", "Glee") neben all dem Geschmadder eben auch steht: kraftvolle Frauenfiguren, perfekte Kulissen, schwindelerregende Kameraarbeit, toller Musikeinsatz, hinreißendes Gebitche (Junghexe Emma Roberts: "Ich geh zurück nach Hollywood, wo die Leute noch normal sind!") und Szenen in denen Effektmagie und die Magie des Erzählens Hand in Hand gehen. Was mit einem charmanten Auftritt der Fleetwood-Mac-Sängerin und angeblichen Hobbyhexe Stevie Nicks beginnt, endet mit einem überraschend warmherzigen Finale. Und, klar, dazwischen werden junge Frauen aufgespießt oder im eigenen Albtraum eingesperrt.

95. Angel: Staffel 5, Episode 14

Sender

Episodentitel: Angriff der Mörderpuppen (OT: Smile Time)
Erstausstrahlung: 18.2.2004 (4,1 Mio. Zuschauer, The WB)
Dt. Erstausstrahlung: 14.7.2008 (Kabel 1)
Regie: Ben Edlund ("The Tick")
Drehbuch: Joss Whedon, Ben Edlund

Begründung:
Bereits bei "Buffy" hatte Joss Whedon ein Händchen für Event-Episoden. Er leitete mit "Once More With Feeling" den Boom der Musical-Episoden ein und inszenierte eine Folge fast ohne Worte. Und auch für sein Spin-off "Angel" hatte er ein Highlight im Köcher: Er verwandelte den titelgebenden Vampir in einen Muppet. Was wie eine hirnrissige Idee klingt, ist nicht nur irrsinnig witzig sondern hat überraschend viel emotionalen Tiefgang.

94. Zurück in die Vergangenheit: Staffel 3, Episode 1+2

Sender

Episodentitel: Vietnam (OT: The Leap Home)
Erstausstrahlung: 28.9./5.10.1990 (NBC)
Dt. Erstausstrahlung: 3.+10.1.1993 (RTL)
Regie: Joe Napolitano / Michael Zinberg
Drehbuch: Donald Belisario

Begründung:
Die späten 1980er waren eine triste Serien-Ära, besonders im Sci-Fi-Bereich. Zwei Serien gaben aber neue kreative Impulse: "Star Trek: The Next Generation" und "Zurück in die Vergangenheit". Beiden gemein war ihr positiver Blick. Während TNG die Menschheit als friedfertige Entdecker sah, strebte Sam Beckett "Quantum Leap" regelrecht nach dem Guten. Er musste das Schicksal eines Menschen richten, um durch die Zeit an einen anderen Ort zu springen - und vielleicht irgendwann einmal wieder nach Hause zu kommen. Der Auftakt der dritten Staffel war ein emotionales Highlight, denn Sam sprang in sich selbst als Teenager - und hofft vergeblich, seinen Vater und Bruder zu retten. Zudem schließt das Ende der Doppelfolge an das Finale der zweiten Staffel an, in dem Sam die Ehe seines treuen Begleiters Al retten sollte. Für 1990 ein ungewöhnlich komplexer Moment des horizontalen Erzählens.

93. It's Always Sunny in Philadelphia: Staffel 4, Episode 13

Sender

Episodentitel: Der Nachtmann kommt (OT: The Night Man Cometh)
Erstausstrahlung: 20.11.2008 (1,3 Mio. Zuschauer, FX)
Dt. Erstausstrahlung: 23.4.2014 (Pro Sieben Fun)
Regie: Matt Shakman
Drehbuch: Charlie Day, Glenn Howerton, Rob McElhenney

Begründung:
Darf man über Kindesmissbrauch lachen? Nein, natürlich nicht - wohl aber über verpeilte Künstler, die ein grottiges Musical über dieses Thema aufführen. In ihrem ewigen (und ewig vergeblichen) Streben nach Geld, Ruhm und Liebe studieren die fünf egomanen Antihelden dieser Comedyserie (darunter Danny DeVito) das Singspiel vom pädophilen "Nachtmann" ein. Dass dessen Komponist Charlie (Charlie Day) dabei möglicherweise echte eigene Traumata verarbeitet, fügt der absurden Rockoper eine anrührende, schmerzliche Note hinzu.

92. Legion: Staffel 1, Episode 1

Sender

Episodentitel: Kapitel 1 (OT: Chapter 1)
Erstausstrahlung: 8.2.2017 (1,62 Mio. Zuschauer, FX)
Dt. Erstausstrahlung: 9.2.2017 (Fox)
Regie: Noah Hawley
Drehbuch: Noah Hawley

Begründung:
Superhelden-Serien waren bisher eher auf Teenager ausgelegt. Hübsche Menschen, nette Action, simple Stories. Hübsche Menschen gibt es auch hier, immerhin spielt "Downton Abbey"-Cousin Matthew Stevens die Hauptrolle. Action ist auch zu Genüge da. Aber simpel ist die komplexe und schwer durchschaubare Story aus dem "X-Men"-Universum ganz sicher nicht. Vor allen Dingen ist die Pilotfolge aber ein optisches Ereignis. Segmente wie eine regelrecht explodierende Küche haben eine visuelle Kraft, wie man sie im Fernsehen nur ganz selten sieht.

91. Transparent: Staffel 1, Episode 1

Sender

Episodentitel: Pilot (?)
Erstausstrahlung: 6.2.2014 (Amazon)
Dt. Erstausstrahlung: 29.1.2016 (Amazon)
Regie: Jill Soloway
Drehbuch: Jill Soloway

Begründung:
Der Skandal um Hauptdarsteller Jeffrey Tambor kann nicht einreißen, was "Transparent" aufgebaut hat. Die Serie um einen College-Professor, der seiner Familie gesteht, sich immer schon mehr als Frau gefühlt zu haben und dies jetzt auch leben will. Während sie sich ihrer Identität bewusst ist, müssen ihre Kinder sich erst noch finden. Und so ist "Transparent" auch mehr als eine Transgender-Serie. Es ist das ehrliche, ungeschönte Porträt einer Familie deren Oberhaupt zufällig Transgender ist.

90. Scrubs: Staffel 6, Episode 6

Getty Images

Episodentitel: Mein Musical (OT: My Musical)
Erstausstrahlung: 18.1.2017 (6,57 Mio., NBC)
Dt. Erstausstrahlung: 24.11.2007 (Pro Sieben)
Regie: Will Mackenzie
Drehbuch: Debra Fordham

Begründung:
Musical-Episoden sind mittlerweile eher ein Ärgernis als eine Freude. Wenn die Ärzte von "Grey's Anatomy" singen, ist eher Fremdschämen als Mitsingen angesagt. Wie man es besser macht, bewies die Comedy-Variante der jungen Ärzte. Die Motivation ist nachvollziehbar (eine Patientin hat einen Hirntumor und bildet sich das Ganze ein), die Rhythmen sind eingängig und die Texte herrlich originell. Nichts schlägt "Everything comes down to poo".

89. Firefly: Staffel 1, Episode 8

Sender

Episodentitel: Kampf ums Überleben (OT: Out of Gas)
Erstausstrahlung: 25.10.2002 (2,99 Mio, Fox)
Dt. Erstausstrahlung: 31.10.2009 (Super RTL)
Regie: David Solomon
Drehbuch: Tim Minear

Begründung:
Weil gecancelte Serien nicht unbedingt schlecht sein müssen. Joss Whedons Space Western musste gegen einen Todes-Sendeplatz am Freitag und Programmplaner kämpfen, die seine Serie wild durcheinander ausstrahlten. Und dennoch waren in den 14 Folgen einige Highlights. Allen voran diese auf drei Zeitebenen spielende Episode, die erzählt, wie es dazu kam, dass das Raumschiff antriebslos durchs All schwebt und wie die Crew an Bord des Schiffs gekommen ist.

88. Mindhunter: Staffel 1, Episode 2

Netflix

Episodentitel: Forschungsprojekt (OT: Episode 2)
Erstausstrahlung: 13.10.2017 (Netflix)
Dt. Erstausstrahlung: 13.10.2017 (Netflix)
Regie: David Fincher ("The Social Network")
Drehbuch: Joe Penhall

Begründung:
Es gibt Rollen, die muss man nach der passenden Physiognomie besetzen. Ed Kemper ist so einer. Der Co-Ed-Killer, der zehn Menschen tötete, war ein Hüne von über 2 Metern. Cameron Britton ist zwar zehn Zentimeter kleiner, aber auf dem Bildschirm eine ebenso imposante Erscheinung. Wenn er beginnt, den angehenden Profilern ganz ruhig von seinen Taten zu erzählen, läuft es selbst Hannibal Lecter kalt den Rücken runter.

87. House of Cards: Staffel 2, Episode 1

Sender

Episodentitel: Jäger oder Gejagter? (OT: Chapter 14)
Erstausstrahlung: 14.2.2014 (Netflix)
Dt. Erstausstrahlung:
Regie: Carl Franklin ("Teufel in Blau")
Drehbuch: Beau Willimon

Begründung:
Spätestens mit dem Beginn der zweiten Staffel ging die von Kevin Spacey verkörperte Figur des Frank Underwood als einer der skrupelosesten Antihelden in die Seriengeschichte ein. Die erste Netflix Eigenproduktion kannte genauso wenig TV-Konventionen wie "Game of Thrones" von HBO und so wurde die handlungsvorantreibende Figur - für den Zuschauer eine der wenigen integeren Sympathieträger - Zoe Barnes auf hinterlistige Art vor den Zug geworfen. Der Verlust von Kate Mara als hartnäckig recherchierende Journalistin wog schwer. Für das Narrativ der düsteren Schattenseiten von Politik und Machtstrukturen war es hingegen ein Schlüsselmoment.

86. Dr. House: Staffel 1, Episode 21

Sender

Episodentitel: Drei Beine (OT: Three Stories)
Erstausstrahlung: 17.5.2005 (17,68 Mio., Fox)
Dt. Erstausstrahlung: 26.9.2006 (RTL)
Regie: Paris Barclay
Drehbuch: David Shore

Begründung:
Zwischen CSI und NCIS war "Dr. House" die meistgesehene Serie der Welt. Der Grund dafür war einzig und allein Hugh Lauries Darstellung des Misanthropen. Einer der wenigen Momente, in dem seine Menschlichkeit durchblickte, war hier. Gezwungen, für Medizinstudenten eine Vorlesung zu geben, präsentiert House drei scheinbar identische Fälle mit ganz unterschiedlichen Diagnosen. Und eine davon ist seine eigene. Bonuspunkte gibt es für den ersten Auftritt der großartigen Sela Ward in der Serie.

85. Damages: Staffel 2, Episode 13

Sender

Episodentitel: Vertrau' mir (OT: Trust Me)
Erstausstrahlung: 1.4.2009 (1,05 Mio., FX)
Dt. Erstausstrahlung: 30.7.2010 (Sixx)
Regie: Todd A. Kessler
Drehbuch: Todd A. Kessler, Glenn Kessler

Begründung:
Eine Serienstaffel mit einem Flash Forward zu beginnen, ist mittlerweile Standard geworden. "How to get away with Murder" tut es, "Quantico" machte es. Doch Jahre vorher machte es bereits "Damages" viel besser als sie zusammen. In der ersten Staffel war Rose Byrne mit Blut überströmt, in der zweiten schoss sie auf jemanden. Im Finale erfahren wir auf wen sie geschossen hat und die Motivation dafür. Zudem bietet die Episode neben der Grande Dame Glenn Close zwei weitere schauspielerische Schwergewichte: William Hurt und Ted Danson.

84. This Is Us: Staffel 1, Episode 1

Sender

Episodentitel: Happy Birthday (OT: Pilot)
Erstausstrahlung: 20.9.2016 (10,07 Mio., NBC)
Dt. Erstausstrahlung: 24.5.2017 (Pro Sieben)
Regie: John Requa, Glen Ficarra
Drehbuch: Dan Fogelman

Begründung:
Ein guter Twist ist die Königsdisziplin beim Storytelling. Hier haben wir ein Paradebeispiel. Aus zweierlei Gründen: 1) Der Moment, bei dem sich am Ende der Folge herausstellt, dass die Serie auf zwei Zeitebenen agiert, hat zwar einen Knalleffekt, erzielt seine größere Wirkung allerdings mit seiner feinfühligen, emotionalen Inszenierung. Wie die Kamera hier langsam in die Total zurückzoomt und das Gesamtbild freilegt, ist hohe Kunst. 2) Bis zu diesem Zeitpunkt war es bereits eine sehr gute Serienepisode. Das Elternpaar Jack (Milo Ventimiglia) und Rebecca Pearson (Mandy Moore) spielt und harmoniert fantastisch, die Geschichte ist einfühlsam erzählt. Als dann der Cliffhanger zum fast beiläufigen Moment wird, wird es zu einer exzellenten Episode.

83. Patrick Melrose: Staffel 1, Episode 2

Sender

Episodentitel: Schöne Verhältnisse (OT: Never Mind)
Erstausstrahlung: 19.5.2018 (0,186 Mio., Showtime)
Dt. Erstausstrahlung: 5.6.2018 (Sky 1)
Regie: Edward Berger
Drehbuch: David Nicholls

Begründung:
Exzess, Entzug, Erinnerung, Exzentrik - die schrille erste Folge der fünfteilige Miniserie nach den autobiografischen Romanen von Edward St Aubyn ist genau jene Tour de Force für Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch und das Publikum, die man erwartet hatte. Doch dann kommt Episode 2 und verändert alles: Eine bleierne, bedrückende Ruhe prägt diesen Rückblick in Patricks Kindheit in Südfrankreich. Unvergesslich und verblüffend: die Szene, in der der kleine Patrick (nun gespielt von Sebastian Maltz) von seinem Vater (Hugo Weaving) missbraucht wird - wobei sich die Kamera immer weiter von der geschlossenen Tür zurückzieht und unsere Fantasie Amok laufen lässt.

82. The Returned: Staffel 1, Episode 4

Sender

Episodentitel: Victor (OT: Victor)
Erstausstrahlung: 3.12.2012 (1,4 Mio., Canal+)
Dt. Erstausstrahlung: 18.11.2013 (Watchever)
Regie: Fabrice Gobert
Drehbuch: Fabrice Gobert, Emmanuel Carrère

Begründung:
Der kleine Swann Nambotin bekam die Wirkung seiner Rolle in "The Returned" unmittelbar zu spüren. Nachdem die ersten Folgen der französischen Untoten-Serie ausgestrahlt waren, begannen die Menschen in seinem Heimatdorf den Bürgersteig zu wechseln, wenn sie ihn sahen. All das nur, weil er einen starren Gesichtsausdruck in der extrem effektiven Horrormystery hatte. Die vierte Episode, die ganz auf ihn zugeschnitten ist, bietet einen Hintergrund zu seiner Figur. Die Angst vor dem Jungen nahm sie dem Publikum dennoch nicht.

81. Silicon Valley: Staffel 2, Episode 1

Sender

Episodentitel: Finanzierung (OT: Sand Hill Shuffle)
Erstausstrahlung: 12.4.2015 (2,13 Mio., HBO)
Dt. Erstausstrahlung: 18.11.2015 (Sky Atlantic)
Regie: Mike Judge
Drehbuch: Clay Tarver

Begründung:
Staffel 2 dieser präzise beobachteten Satire über die digitale Speerspitze beginnt damit, dass die Gründer der kleinen IT-Klitsche Pied Piper erfahren, dass ihr Sponsor tot ist, der schräge Risikokapitalgeber Peter Gregory. Tatsächlich war dessen wunderbarer Darsteller Christopher Evan Welch an Lungenkreb gestorben. Wie das Team um Showrunner Mike Judge ("Beavis & Butthead") damit umgeht, ist mutig und faszinierend: Auf Peter Gregorys Beerdigung tut sich erst der reale Snapchat-Gründer Evan Spiegel wichtig ("Peter war warmherzig, großzügig und nicht enttäuscht von Snapchat"), dann preist der fiktive IT-Magnat Gavin Belson den Humanismus des Toten - gerade als die Jungs von Pied Piper per Mail erfahren, dass Belson sie wegen angeblicher Copyrightverstöße verklagt. Bei diesem Abschied von Welch und seiner Figur bleibt in doppelter Hinsicht kein Auge trocken

80. Fleabag: Staffel 1, Episode 1

Amazon Prime Video

Episodentitel: Folge 1 (OT: Episode 1)
Erstausstrahlung: 21.7.2016 (BBC Three)
Dt. Erstausstrahlung: 3.2.2017 (Amazon)
Regie: Tim Kirby
Drehbuch: Phoebe Waller-Bridge

Begründung:
Die vierte Wand zu durchbrechen ist nicht neu. Frauen beim Masturbieren zu zeigen ebenso wenig. Aber die vierte Wand während einer Sexszene zu durchbrechen und sich zu einer Rede Obamas vor dem britischen Parlament zu befriedigen hat etwas extrem eigenwilliges und originelles. Willkommen bei "Fleabag", der herausragenden Comedy von und mit Phoebe Waller-Bridge. Der extrem bingebare Sechsteiler machte aus Waller-Bridge ein Star. Vor der Kamera im "Solo"-Film und dahinter als Showrunnerin für die herausragende Serie "Killing Eve".

79. Stranger Things: Staffel 1, Episode 6

Netflix

Episodentitel: Das Monster (OT: The Monster)
Erstausstrahlung: 15.7.2016 (Netflix)
Dt. Erstausstrahlung: 15.7.2016 (Netflix)
Regie: The Duffer Brothers
Drehbuch: Jessie Nickson-Lopez

Begründung:
Es ist doch schön, dass der Netflix-Algorithmus nicht unfehlbar ist. Weil man keine große Hoffnung in das Fantasy-Projekt der Duffer-Brüder hatte, setzte Netflix ein niedriges Budget und kaum Werbung an. Und dennoch wurde die Serie zu einem der größten Hits der letzten Jahre. Der Dank geht an die Casting-Agentur. Denn das Ensemble um Millie Bobby Brown brachte die talentierteste Riege an Jungstars seit Jahren hervor. Die sechste Folge sorgte im Steinbruch für einen der emotionalsten Momente zwischen Elf und Mike - und für die erste richtige Demonstration der unglaublichen Kräfte von Elf.

78. How I Met Your Mother: Staffel 5, Episode 8

Sender

Episodentitel: Der Sporttaucher (OT: The Playbook)
Erstausstrahlung: 16.11.2009 (8,44 Mio., Fox)
Dt. Erstausstrahlung: 26.1.2011 (Pro Sieben)
Regie: Pamela Fryman
Drehbuch: Carter Bays, Craig Thomas

Begründung:
Barney Stinson war von Anfang an der Star der Sitcom. Neil Patrick Harris' Frauenheld war als der Joey Tribiani der Show konzipiert, machte mit seinem unglaublichen Charme aber so viel mehr daraus. Aber er hatte auch Hilfe von den innovativen Drehbuchideen der Autoren um die Showrunner Carter Bays und Craig Thomas. Sie machten aus Barneys Ex-Freundinnen ein "March Madness"-Turnier, entwickelten den Bro Code und das Rückgaberecht sowie Slapsgiving. Aber vor allen Dingen schufen sie mit "The Playbook" eine grandiose Highlight-Folge. Das simple Konzept: Nach seiner Trennung von Robin wechselte Barney zurück in den Schürzenjäger-Modus und konzipierte die aufwändigsten Aufreißer-Tricks, von denen wir acht hier kennenlernen. Das passende Buch zur Folge erschien kurz darauf auch in echt.

77. Dear White People: Staffel 1, Episode 3

Netflix

Episodentitel: Kapitel 1 (OT: Chapter 3)
Erstausstrahlung: 28.4.2017 (Netflix)
Dt. Erstausstrahlung: 28.4.2017 (Netflix)
Regie: Tina Mabry
Drehbuch: Chuck Hayward

Begründung:
Die geistreiche, elegante Satire über Rassismus an US-Eliteunis und die internen Konflikte der schwarzen Studierenden hat eigentlich nur ein Problem: Die Montagen zu Beginn jeder Folge, von einem Erzähler bissig kommentiert, bauen einen Schwung auf, den der Rest der jeweiligen Episode meist nicht aufrechterhalten kann. Bei Episode 3 gelingt genau das: Die Probleme von Troy, Sohn des afroamerikanischen Dekans, brausen bis zur Knallerpointe der Episode nur so dahin, vorangetrieben von perfektem Schnitt und brillanten Dialogen ("Wenn du heute [zum Studentenpräsidenten] gewählt wirst", fragt Troys Freundin, "bin ich deine Jackie O. oder dein Marilyn?" Woraufhin Troy gequält knurrt: "Ich hasse alle Hypothesen, in denen ich erschossen werde.").

76. Misfits: Staffel 2, Episode 7

Sender

Episodentitel: Nathan wird Vater (OT: Christmas Special)
Erstausstrahlung: 19.12.2010 (1,70 Mio., Channel 4)
Dt. Erstausstrahlung: 8.12.2012 (Pro Sieben Fun)
Regie: Tom Harper
Drehbuch: Howard Overman

Begründung:
"Heroes" mag die Superhelden 2006 ins goldene Zeitalter der Serien geholt haben, schmierte aber bereits in Staffel 2 derart ab, dass die US-Mutantentruppe heute fast vergessen ist. Die britische Übermenschen-Persiflage "Misfits" ließ nach zwei brillanten Staffeln ebenfalls nach, wird aber bis heute als ewiger Geheimtipp geliebt und weiterempfohlen. Die Story um einige Londoner Jungstraftäter, die bei Sozialstunden vom Blitz getroffen werden und Superkräfte entwickeln, war nie besser als im Weihnachts-Special zwischen Staffel 2 und 3: Die chaotische Clique versucht, einer jungen Schwangeren ohne Obdach zu helfen, außerdem kreuzt auch noch ein falscher Jesus. Die Weihnachtsfolge ist für wenig Geld klasse getrickst, im Humor unfassbar derb, aber auch zutiefst herzlich und durchweg very british.

75. Tote Mädchen lügen nicht: Staffel 1, Episode 1

Netflix

Episodentitel: Kassette 1, Seite A (OT: Tape 1, Side A)
Erstausstrahlung: 31.3.2017 (Netflix)
Dt. Erstausstrahlung: 31.3.2017 (Netflix)
Regie: Tom McCarthy ("Spotlight")
Drehbuch: Brian Yorkey

Begründung:
Die meistdiskutierte Szene der Serie ist sicherlich der drastische Suizid von Hannah. Doch die erste Folge ist der Grund warum die Serie so einen süchtig machenden Sog entwickelte. Mit einem Pull-Out von Hannahs Locker zum Song "More than Gravity" und dem Off-Kommentar der famose Katherine Langford greift die Serie den Zuschauer und lässt ihn nicht mehr los.

74. Girls: Staffel 6, Episode 3

Sender

Episodentitel: American Bitch (OT: American Bitch)
Erstausstrahlung: 26.2.2017 (0,383 Mio., HBO)
Dt. Erstausstrahlung: 9.5.2017 (TNT Comedy)
Regie: Richard Shepard
Drehbuch: Lena Dunham

Begründung:
Mit "Girls" wurde Lena Dunham als "Stimme einer Generation" berühmt. Natürlich war nicht alles was sie zu sagen hatte, relevant oder vorbildlich. Doch in der sechsten Staffel ahnte sie die #metoo-Bewegung voraus. Denn die angehende Autorin Hannah besucht einen renommierten Autor gegen den sexuelle Missbrauchsvorwürfe im Raum stehen (und der einen Woody Allen mit Heiligenschein in seiner Wohnung hängen hat). Während die beiden über die Vorwürfe diskutieren, für die es keine Beweise gibt, sitzt der Zuschauer auf der Ecke seines Stuhls, weil er Angst um Hannah hat. Und so wie der genial von Matthew Rhys die Ängste und Vorurteile von Hannah nach und nach abbaut, lässt auch das Publikum seine Schutzhaltung fallen. Ein fataler Fehler.

73. Band of Brothers: Staffel 1, Episode 9

Sender

Episodentitel: Warum wir kämpfen (OT: Why We Fight)
Erstausstrahlung: 26.5.2001 (6,08 Mio., HBO)
Dt. Erstausstrahlung: 13.5.2005 (RTL 2)
Regie: David Frankel
Drehbuch: John Orloff

Begründung:
Nach "Saving Private Ryan" hatten Steven Spielberg und Tom Hanks noch nicht genug vom Zweiten Weltkrieg. Also stießen sie diese Mini-Serie um die Easy Company an. "Band of Brothers" bescherte Michael Fassbender und Damian Lewis ihren Durchbruch, gewann sechs Emmys und löste eine Welle an Mini-Serien aus. Jede Folge hatte ihre bemerkenswerten Momente, aber wenn die Easy Company in der vorletzten Episode in ein Nebenlager des KZ Dachau vordringt und der Zuschauer wie die Soldaten die Bilder der Gräueltaten sieht, wirkt das noch lange nach.

72. West Wing: Staffel 2, Episode 22

Sender

Episodentitel: Zwei Kathedralen (OT: Two Cathedrals)
Erstausstrahlung: 16.5.2001
Dt. Erstausstrahlung: 16.3.2009 (Fox)
Regie: Thomas Schlamme
Drehbuch: Aaron Sorkin

Begründung:
"West Wing" wirkt heute wie aus einer anderen Welt. Aus einer Zeit, in der man noch an das Gute in der Politik glaubte. Und aus einer Zeit, in der die Dialoge von Aaron Sorkin noch nicht abgedroschen klangen. Keiner war dabei epischer als der Monolog von Präsident Bartlett in der National Cathedral als er aufgrund des Todes seiner engen Vertrauten, einer Multiple-Sklerose-Diagnose und eines Sturms Gott mehrsprachig verflucht (das Latein setzte Sorkin ein, um einer Zensur zu entgehen) und zur Krönung eine Zigarette anzündet und auf dem heiligen Boden ausdrückt.

71. The Big Bang Theory: Staffel 7, Episode 14

Getty Images

Episodentitel: Ein Abend mit Darth Vader (OT: The Convention Conundrum)
Erstausstrahlung: 30.1.2014 (19,05 Mio., CBS)
Dt. Erstausstrahlung: 8.9.2014 (Pro Sieben)
Regie: Mark Cendrowski
Drehbuch: Eric Kaplan, Jim Reynolds, Adam Faberman, Steve Molaro, Dave Goetsch, Steve Holland

Begründung:
In Staffel sieben hatte die Nerd-Sitcom längst ihren Zenit überschritten, die Autoren konnten der Dynamik zwischen den Freunden kaum neue Aspekte abgewinnen. So brauchte es einen Gaststar, um eine absolute Highlight-Episode abzuliefern: James Earl Jones. Zwar hatte die Serie viele Gaststars - von Will Wheaton bis Stephen Hawking - doch keiner war so willens mitzuspielen wie die Stimme von Darth Vader. Sein Night-Out-Trip mit Sheldon, inklusive Besuch in Coney Island und Klingelstreich bei Carrie Fisher sorgt für mehr Lacher als die restlichen Folgen der Staffel zusammen.

70. The Walking Dead: Staffel 2, Episode 7

Sender

Episodentitel: Tot oder Lebendig (OT: Pretty Much Dead Already)
Erstausstrahlung: 27.11.2011 (6,62 Mio., AMC)
Dt. Erstausstrahlung: 2.12.2011 (Fox)
Regie: Michelle MacLaren
Drehbuch: Scott M. Gimple

Begründung:
Mittlerweile sind "Walking Dead"-Fans schon abgestumpft gegenüber dem Tod: Mit einem Achselzucken wird quittiert wenn wieder eine Figur ins Gras beißt. In der zweiten Staffel war das noch anders. Und keine andere Szene zeigte das Grauen der Zombie-Apokalypse besser als das Gemetzel an den im Schuppen gefangen gehaltenen Zombies, zu denen auch eine zentrale Figur der Serie gehört, deren schwer zu ertragende Tötung sowohl bei den anderen Charakteren als auch beim Zuschauer noch lange nachhallt.

69. South Park: Staffel 4, Episode 10

Sender

Episodentitel: Wird wohl... (OT: Probably)
Erstausstrahlung: 26.7.2000 (Comedy Central)
Dt. Erstausstrahlung: 2.11.2002 (RTL)
Regie: Trey Parker
Drehbuch: Trey Parker

Begründung:
Eigentlich hatte Trey Parker noch pornografisches Material für die Episode vorgesehen, doch das war wohl selbst für die obszönen Verhältnisse von "South Park" zu viel und musste in der Post-Produktion entfernt werden. Krass ist die Folge über Religions-Wahn dennoch: Cartman tritt als Pfarrer in einer selbstgegründeten Kirche auf und doziert von der Hölle als fanatischer Sektenguru. Bemerkenswert ist das Aufeinandertreffen von Satan und Gott: In einer denkwürdigen Szene ersucht Satan Gott bei seinen Beziehungsproblemen (Saddam oder Chris!) um Rat...Das Ende der Folge steht in bester Tradition der bissigen Comicserie: Saddam Hussein kommt in den Himmel und wird von Mormonen in Empfang genommen.

68. Mr. Robot: Staffel 1, Episode 1

Sender

Episodentitel: Hellofriend.mov (OT: eps1.0 hellofriend.mov)
Erstausstrahlung: 24.6.2015 (1,75 Mio., USA Network)
Dt. Erstausstrahlung: 8.2.2017 (RTL Crime)
Regie: Niels Arden Oplev ("Verblendeung")
Drehbuch: Sam Esmail

Begründung:
Vertrackt, undurchsichtig und verdammt düster: Die Auftaktfolge liefert genau das, was man von einer Cyber-Crime-Serie erwartet. Und noch mehr: Das Schauspiel von Rami Malek als psychisch labiler, manischer Elliot Alderson ist von Anfang an eine Augenweide. Einen derart mysteriösen, bis dato weitgehend unbekannten Hauptdarsteller sieht man in Serien selten, vor allem keinen, der einen gestandenen Darsteller wie Christian Slater ab Episode 1 (!) scheinbar mühelos an die Wand spielt. Ganz "nebenbei" ist das Set-Up der Story genial: Elliot soll das mächtige Konglomerat E-Corp - bei der er angestellt ist - stürzen.

67. Ausgerechnet Alaska: Staffel 2, Episode 6

Sender

Episodentitel: Krieg und Frieden ("War and Peace")
Erstausstrahlung: 13.5.1991 (CBS)
Dt. Erstausstrahlung: 9.9.1992 (RTL)
Regie: Bill D'Elia
Drehbuch: Robin Green, Henry Bromell

Begründung:
Seit Jahren gibt es Menschen, die behaupten, Fernsehserien könnten niemals Hochkultur sein. Dabei trat "Ausgerechnet Alaska" bereits vor 27 Jahren den Gegenbeweis an. Das jährliche Schachduell zwischen Ex-Astronaut Maurice und einem russischen Besucher eskaliert zu einem altmodischen Duell. Ähnlichkeiten zu "Krieg und Frieden" sind dabei nicht zufällig. Zitate aus Tolstois Klassiker schweben buchstäblich durch die Folge, da Chris im Radio daraus vorliest. Als dann auch noch während des Duells die vierte Wand durchbrochen wird, ist eine unvergessliche Experimental-Folge komplett.

66. Dexter: Staffel 4, Episode 12

Sender

Episodentitel: Die Schlinge zieht sich zu (OT: The Getaway)
Erstausstrahlung: 3.12.2009 (2,58 Mio., Showtime)
Dt. Erstausstrahlung: 22.11.2010 (Sky Cinema Hits)
Regie: Steve Shill
Drehbuch: Melissa Rosenberg, Scott Reynolds, Wendy West

Begründung:
Anti-Helden waren Anfang des 21. Jahrhunderts en vogue. Aber einen Serienkiller zur Identifikationsfigur des Zuschauers zu machen, schien dann doch zu weit zu gehen. Und dennoch kam Michael C. Hall damit ebenso davon wie seine Figur Dexter mit seinen Morden. In Staffel vier bekam er dann in John Lithgow einen ebenbürtigen Gegenspieler und die zwölf Episoden wurden zu einem der faszinierendsten Katz- und Maus-Duelle der Seriengeschichte. Natürlich behielt Dexter am Ende die Oberhand, doch in dem herausragenden Finale der Staffel hatte der Gegner den letzten, grausamen Lacher für sich.

65. Sharp Objects: Staffel 1, Episode 7

Sender

Episodentitel: Falling (OT: Falling)
Erstausstrahlung: 19.8.2018 (1,25 Mio. HBO)
Dt. Erstausstrahlung: 20.9.2018 (Sky Ticket)
Regie: Jean-Marc Valée
Drehbuch: Gillian Flynn, Scott Brown

Begründung:
Wer hat die zwei Mädchen in Wind Gap ermordet? Auf diese Antwort wartet der Zuschauer von "Sharp Objects" seit der ersten Folge. Was er jedoch nicht ahnt, ist, dass das gar nicht einmal die essentielle Frage der Serie ist. Denn in der vorletzten Episode wird enthüllt, wie die Schwester von Camille (Amy Adams) vor Jahren ums Leben gekommen ist. Und diese Enthüllung überschattet alles, was wir im Finale erfahren.

64. Veronica Mars: Staffel 1, Episode 21

Sender

Episodentitel: Shelleys Party (OT: A Trip to the Dentist)
Erstausstrahlung: 3.5.2005 (2,85 Mio., UPN)
Dt. Erstausstrahlung: 25.10.2006 (ZDF)
Regie: Marcos Siega
Drehbuch: Diane Ruggiero

Begründung:
Vergewaltigung in Serien zu thematisieren ist immer heikel. Oft riecht es nach Exploitation, in ganz schlimmen Fällen wirkt es gar verharmlosend. Und manchmal jagen empörte Zuschauer den Serienmachern sogar die Indizierungsstelle auf den Hals (siehe Schwarzwaldklinik). Eine ehrliche Thematisierung von Vergewaltigung findet sich dagegen nur selten. "Veronica Mars" ist die rühmliche Ausnahme. Denn ihr "Date Rape" wird nicht in einer Folge erledigt. Die Nachwehen dieser Nacht, deren Ablauf sie in dieser Episode zum ersten Mal erfährt, ziehen sich durch die gesamte Serie.

63. Master of None: Staffel 2, Episode 6

Netflix

Episodentitel: New York, I Love You (OT: New York, I Love You)
Erstausstrahlung: 12.5.2017 (Netflix)
Dt. Erstausstrahlung: 12.5.2017 (Netflix)
Regie: Alan Yang
Drehbuch: Cord Jefferson, Aziz Ansari, Alan Yang

Begründung:
Staffel 2 des Comedy-Hits von Aziz Ansari (der neben seiner Serienhauptrolle inzwischen auch eine Rolle in der #meetoo-Debatte spielt) und Alan Yang überraschte in fast jeder Folge mit einem neuen Experiment, von der Neorealismus-Hommage "Der Dieb" bis zur Rassismus-Chronik "Thanksgiving". Kreativer Höhepunkt war aber "New York, I Love You", worin Ansari nur am Anfang und Ende auftaucht: Die Kamera folgt nacheinander ein paar sehr unterschiedlichen New Yorkern, so erleben wir die tragikomischen Geschichten eines leutseligen Portiers, eines gehörlosen Paares und einiger Einwanderer aus Burundi, die sich als Taxifahrer durchschlagen. Wirklich eine wunderbare, zutiefst menschliche Liebeserklärung an den Big Apple.

62. Happy Valley: Staffel 1, Episode 4

Sender

Episodentitel: Noch eine Tochter (OT: Episode Four)
Erstausstrahlung: 20.5.2014 (8,33 Mio., BBC One)
Dt. Erstausstrahlung: 23.9.2015 (WDR)
Regie: Sally Wainwright
Drehbuch: Sally Wainwright

Begründung:
Britische Krimis sind nicht nur spannend, sie sind auch äußerst deprimierend. Und keine Serie zieht mehr runter als dieses Drama um Polizistin Catherine (Sarah Lancashire), die den Suizid ihrer Tochter verarbeiten muss. Becky brachte sich um, nachdem sie durch eine Vergewaltigung schwanger wurde. Als ihr Peiniger frei kommt, will Catherine Rache. In dieser beklemmenden Folge treffen die beiden zum ersten Mal aufeinander - und es kommt zu einem der brutalsten, realistischen Duelle der britischen Serienhistorie.

61. The Marvelous Mrs. Maisel: Staffel 1, Episode 4

Episodentitel: Die Enttäuschung der Dionne Zwillinge (OT: The Disappointment of the Dionne Quintuplets)
Erstausstrahlung: 29.11.2017 (Amazon)
Dt. Erstausstrahlung: 29.11.2017 (Amazon)
Regie: Amy Sherman-Palladino
Drehbuch: Amy Sherman-Palladino

Begründung:
Acht Emmys räumte die neue Serie des Ehepaars Palladino ("Gilmore Girls") Mitte September ab. Die Belohnung für eine der schönsten Überraschungen des letzten Jahres. So wie "Mad Men" die 60er auferstehen ließ, schaffte es die Comedy über eine Stand-Up-Komikerin mit den 50ern. Und weil Amazon größere Portemonnaies als AMC hat, durfte die Serie sogar Außenaufnahmen machen. Das illustriert diese Folge, in der Mrs. Maisel eine Tour durch diverse Comedy-Clubs macht, besser als jede andere. Vor allen Dingen aber verbindet die Comedy den Charme und die Dialogdichte von "Gilmore Girls" mit einem brandaktuellen Kommentar zur Debatte um Frauen in der Unterhaltungsindustrie und dem schweren Stand von weiblichen Komikerinnen in der Stand-Up-Szene, die jahrelang von Schleimbeutel-Masturbatoren wie Louis CK geprägt wurde.

60. Pushing Daisies: Staffel 1, Episode 1

Getty Images

Episodentitel: Die Gabe (OT: Pie-lette)
Erstausstrahlung: 3.10.2007 (12,83 Mio., ABC)
Dt. Erstausstrahlung: 22.10.2008 (Pro Sieben)
Regie: Barry Sonnenfeld
Drehbuch: Bryan Fuller

Begründung:
Seit 1953 gibt es Farbfernsehen. Doch so richtig Farbe hat man in Serien erst 2007 gesehen. Bryan Fullers Pilotfolge für sein Märchen-Musical war ein visueller Overkill wie man ihn bis dahin noch nicht gesehen hatte. Brillante Spezialeffekte (u.a. entstand das legendäre Bradbury Building am Rechner) und aufwändige Sets sprengten das Budget, machten die Serie aber zu einem innovativen, einzigartigen Erlebnis.

59. 3%: Staffel 1, Episode 4

Netflix

Episodentitel: Tor (OT: Capítulo 04: Portão)
Erstausstrahlung: 25.11.2016 (Netflix)
Dt. Erstausstrahlung: 25.11.2016 (Netflix)
Regie: Jotagá Crema
Drehbuch: Cássio Koshikumo, Ivan Nakamura, Jotagá Crema

Begründung:
"3%" ist "Tribute von Panem" für Leute, die sich niemals "Tribute von Panem" anschauen würden. Der erste brasilianische Netflix-Eigenproduktion erzählt von einem Spiel voll zynischer Prüfungen, das nur den Gewinnern, den "drei Prozent", die Flucht aus einer Slum-Welt und die Aufnahme in eine luxuriöse High-Tech-Oase gewährt. In Episode 4 packt die Serie ihre ganze soziale, psychische und auch physische Dynamik aus: Der bisherige Favorit, ein jovialer Anführertyp, wandelt sich unter Stress zum brutalen Minidiktator, die übrigen Teilnehmer müssen schnell darauf reagieren. Die schnörkellose Optik verleiht dem Geschehen nur noch mehr Wucht.

58. Futurama: Staffel 4, Episode 16

Sender

Episodentitel: Dreihundert dicke Dinger (OT: Three Hundred Big Boys)
Erstausstrahlung: 15.6.2003 (Fox)
Dt. Erstausstrahlung: 4.9.2004 (Pro Sieben)
Regie: Swinton O. Scott III
Drehbuch: Eric Kaplan

Begründung:
"Voted Best" steht in der Eröffnungssequenz unter dem Serientitel. Eine Aussage, die die Episode erfüllt. Nach einer kurzen "Starship Troopers"-Parodie lässt Richard Nixon jedem Erdenbürger von der Kriegsbeute 300 Dollar auszahlen. Was jeder damit macht, ist Kern der ultrawitzigen Folge. Das absolute Highlight: Als Fry sich von seinem Geld 100 Tassen Kaffee kauft, erreicht er durch den Koffeinschub Superspeed wie später Quicksilver in den neuen "X-Men"-Filmen.

57. The Night Of: Staffel 1, Episode 1

Sender

Episodentitel: An den Strand (OT: The Beach)
Erstausstrahlung: 10.7.2016 (0,774 Mio., HBO)
Dt. Erstausstrahlung: 29.9.2016 (Sky Atlantic HD)
Regie: Steven Zaillian
Drehbuch: Richard Price

Begründung:
Der dreifach Oscarnominierte (Zeit des Erwachens, Schindlers Liste, Monbeyball) Drehbuchautor Steven Zaillian weiß, wie man Geschichten aufbaut. Mit dem Piloten des HBO-Thrillers "The Night Of" bewies er auch die hohe Kunst des Inszenierens. Hier steht die Handlung buchstäblich (wir wollen nicht spoilern!) bis zum Ende der Folge auf des Messers Schneide. Nachdem ein Taxifahrer (großartig: Riz Ahmed) die Nacht bei einem hübschen Mädchen verbringt und sie am nächsten Morgen tot in ihrem Wohnzimmer auffindet, beginnt ein bespiellos beklemmender Plot voller Hochspannung. Der Auftritt von John Turturro als genial verschrobener Plfichtverteidiger dient der atemlos inszenierten Folge als Cliffhanger zum Durchatmen.

56. Parenthood: Staffel 4, Episode 5

Sender

Episodentitel: Wir müssen reden (OT: There's Something I Need to Tell You...)
Erstausstrahlung: 9.10.2012 (4,95 Mio., NBC)
Dt. Erstausstrahlung: 8.9.2014 (TNT Glitz)
Regie: Patrick Norris
Drehbuch: Jason Katims

Begründung:
"Parenthood" hatte schon immer mit lebensnahen Geschichten überzeugt. So gut wie alles in der Serie, vom Sohn mit Asperger-Syndrom bis hin zum Adoptions-Versuch, hat jemand aus dem Autorenteam um Jason Katims ("Friday Night Lights") in irgendeiner Form erlebt. Doch nichts hatte eine solch persönliche Bedeutung für die Autoren wie die Brustkrebserkrankung von Christina Braverman (Monica Potter). In dieser herzzerreißenden Episode muss sie ihren Kindern und dem Rest der Familie von ihrer Krankheit erzählen. Die Geschichte hat eine solche Stärke weil Autor Katims sie selber erlebt hat. Seine Frau wurde mit Brustkrebs diagnostiziert und überlebte. Als Talisman diente ihr damals ein Hemd, das andere Bekannte im Kampf gegen den Krebs trugen - und das Christina später in der fünften Staffel bei ihrer Chemotherapie trägt.

55. Ellen: Staffel 4, Episode 22+23

Sender

Episodentitel: Das Outing 1+2 (OT: The Puppy Episode)
Erstausstrahlung: 30.4.1997 (36,2 Mio. Zuschauer, ABC)
Dt. Erstausstrahlung: 23.+24.4.2002 (RTL2)
Regie: Gil Junger
Drehbuch: Ellen DeGenerea, Mark Driscoll, Dava Savel, Tracy Newman, Jonathan Stark

Begründung:
Die Etablierung homosexueller Charaktere im US-Fernsehen war ein langwieriger Prozess. 1977 spielte Billy Crystal in der Sitcom "Soap" eine der ersten homosexuellen Figuren. 1994 hatte "Willkommen im Leben" eine wegweisende Folge in der Ricky von seinem Vater verprügelt und von Claire Danes Eltern abgewiesen wird. Doch für einen ersten Anflug von Akzeptanz sorgte 1997 "Ellen". Innerhalb von zwei Wochen hatten Star Ellen DeGeneres und ihre Serien-Figur ihr Coming Out - begleitet von 36 Millionen Zuschauern, Anzeigenboykott und Protesten von fehlgeleiteten Moralhütern. Ein Jahr später wurde die Serie abgesetzt, aber ohne diese Episode hätte es "Will & Grace" und Co. nicht gegeben.

54. Frasier: Staffel 2, Episode 21

Sender

Episodentitel: Das letzte Gefecht (OT: An Affair to Forget)
Erstausstrahlung: 2.5.1995 (28,3 Mio., NBC)
Dt. Erstausstrahlung: 11.9.1996 (Comedy & Co.)
Regie: Philip Charles MacKenzie
Drehbuch: Chuck Ranberg, Anne Flett-Giordano

Begründung:
Fünf Mal in Folge gewann "Frasier" den Emmy als Beste Comedy. Das Problem einer solchen Konstanz ist es, eine Folge zu finden, die herausragt. Die Qualität der Serie war es, Slapstick mit Sprachwitz zu vereinigen. Und keine Szene symbolisiert dies besser als das Duell zwischen Niles und dem Fechtlehrer seiner Ehefrau. David Hyde-Pierce brilliert mit seiner physischen Comedy und die an Stille Post erinnernden Kommunikationsversuche zwischen dem deutschen Fechtlehrer, der spanischen Haushälterin mit Deutschkenntnissen und dem rudimentär spanisch sprechenden Radiopsychologen Frasier sind geschliffene Dialogperlen.

53. Broadchurch: Staffel 1, Episode 8

Sender

Episodentitel: Enthüllung (OT: Episode 8)
Erstausstrahlung: 22.4.2013 (10,47 Mio., ITV)
Dt. Erstausstrahlung: 17.5.2015 (ZDF)
Regie: James Strong
Drehbuch: Chris Chibnall

Begründung:
Diese Serie hielt eine ganze Nation in Atem. 2013 rätselte ganz Großbritannien, wer in der Ortschaft Broadchurch einen kleinen Jungen umgebracht hat. Sogar in Wettbüros konnte man auf den oder die möglichen Täter tippen. Die Auflösung in dieser Folge war also nicht nur überraschend und spannend, sondern für den einen oder anderen sehr ertragreich.

52. Battlestar Galactica: Staffel 1, Episode 1

Sender

Episodentitel: 33 Minuten (OT: 33)
Erstausstrahlung: 14.1.2005 (Sci-Fi Channel)
Dt. Erstausstrahlung: 3.10.2005 (Premiere Film)
Regie: Michael Rymer
Drehbuch: Ronald D. Moore

Begründung:
Das Reboot der edeltrashigen Siebziger-Serie "Kampfstern Galacticia" begann 2003 mit einem erfolgreichen TV-Zweiteiler, quasi Folge 0. Die darauf folgende erste reguläre Episode, "33 Minuten", etablierte das Hauptthema der Serie: Auf der Flucht vor den technisch überlegenen Zylonen-Androiden müssen die in den Weltraum vertriebenen Menschen immer wieder bitterste Entscheidungen treffen (ähnlich den Göttern und Helden antiker Mythen und Tragödien, auf die die Saga anspielt). In dieser Folge etwa, als sich herausstellt, warum die Roboter die menschliche Flotte trotz Hyperraumsprüngen alle 33 Minuten wieder aufspüren. Diese beste Space Opera seit "Star Trek - The Next Generation" wartet bis heute auf einen würdigen Nachfolger.

51. Deadwood: Staffel 2, Episode 1

Sender

Episodentitel: Lebenslüge (OT: A Lie agreed upon (1))
Erstausstrahlung: 6.3.2005 (2,79 Mio., HBO)
Dt. Erstausstrahlung: 28.2.2006 (Premiere Film)
Regie: Ed Bianchi
Drehbuch: David Milch

Begründung:
Die meisten Serien finden in der zweiten Staffel ihren kreativen Höhepunkt. Die Westernserie "Deadwood" ist dafür der beste Beweis. Die erste Staffel hatte zwar bereits eine unschlagbare Atmosphäre, aber die Dynamik der Figuren musste sich erst finden. Schnell kristallierte sich das Duell zwischen Barkeeper Swearagen (Ian McShane) und Sheriff Bullock (Timothy Olyphant) als einer der interessantesten Aspekte heraus. Und die Autoren reagierten darauf, indem sie die beiden im zweiteiligen Auftakt zur zweiten Staffel aufeinanderprallen ließen. Retrospektiv sticht aber noch mehr hervor, wie diese Doppelfolge ganz unbemerkt die Grundlage für eine der besten Staffeln der Seriengeschichte legte.