Eine ruhige Hotellounge, ein gut gekleideter älterer Herr und langsam vorgetragene, kluge Gedanken - mit Martin Suter zu sprechen, macht ebenso viel Spaß, wie seine Romane zu lesen. Das ZDF hat zwei seiner Bücher spannend verfilmt. Auf "Der Teufel von Mailand" folgt am 5.1. "Der letzte Weynfeld". Im Interview erklärt Suter die Hintergründe.

TV SPIELFILM: Sie schreiben auch Drehbücher - allerdings nie nach ihren eigenen Romanen.

MARTIN SUTER Stimmt. Ein Roman ist ein Endprodukt, etwas Fertiges. Ein Drehbuch ist Rohmaterial für einen Film. Und aus einem fertigen Buch wieder ein Rohmaterial zu machen, hat mich bisher nicht interessiert. Ich sage aber nicht, dass ich es nie machen werde.

Es muss schmerzhaft sein, wenn beim Buch-Film-Transfer so schöne Details auf der Strecke bleiben wie die verdrehte Wahrnehmung Ihrer Protagonistin Sonia.

MARTIN SUTER Ein bisschen schon. Immerhin habe ich das Buch Albert Hofmann gewidmet, dem Entdecker des LSD. Ein Gespräch mit ihm über Wahrnehmung brachte mich erst auf die Idee zu "Der Teufel von Mailand". Es ist aber auch schwer darzustellen, dass jemand Farbtöne riecht.

Ist der Film- und Fernsehmarkt-Markt konservativer als der Buchmarkt?

MARTIN SUTER Der Film- und TV-Markt ist viel strenger aufgeteilt in Zielgruppen und Gattungen. Man darf die Gattungen nicht mischen, sonst kommen die Leute nicht. Wenn die in einen Thriller gehen, wollen sie keine Elemente aus der Romantic Comedy sehen. In meinen Romanen mische ich aber sehr gern die Genres.

Schweizer Filme werden fürs deutsche Fernsehen immer synchronisiert. So hören wir nie so schöne Worte wie "Hahnenwasser", immer nur das eigene "Leitungswasser".

MARTIN SUTER Die Amtssprache in der Schweiz ist zwar Hochdeutsch, werden Filme mit Schweizer Fernsehgeld produziert, muss aber auf Schweizerdeutsch gedreht werden. Und das versteht man in Deutschland nicht. Ich kann diese Schweizerdeutschmanie auch nicht nachvollziehen. In meinen Verträgen verlange ich, dass die Drehsprache Hochdeutsch ist. Dann wird für das Schweizer Fernsehen auf Schweizerdeutsch nachsynchronisiert. Das ist auch seltsam. Aber ich bin eben kein Mundartautor.

Als Autor müssen Sie sich in Ihre Figuren hineinversetzen. Führt das zu mehr Verständnis für Mitmenschen?

MARTIN SUTER Ich kann mich nicht in Leute hineinversetzen. Und ich verbitte es mir auch, wenn es Leute bei mir versuchen. Ich glaube, man hat alles in sich drin, natürlich auch die Leute, die einem auf der Straße blöd kommen. Die ärgern mich immer noch.

Im "Teufel" ist Ihre Protagonistin aber eine Frau.

MARTIN SUTER Ja, da suche ich eben die Frau in mir drin, und die finde ich auch. Dann mache ich sie ein bisschen größer, als sie ist - und hoffe, ich bekomme sie wieder klein, wenn es vorbei ist.

Klingt ziemlich verwirrend.

MARTIN SUTER Man muss nicht nur denken können: Ich bin eine Frau. Sondern auch: Ich bin ein Mörder. Ich bin ein Sexualverbrecher. Ich bin ein guter Mensch. Das kann man sich alles vorstellen. Allerdings hüte ich mich vor gewissen Figuren, mit denen ich nichts zu tun haben will. Aber ich weiß natürlich schon: Auch die sind alle in mir drin.

Frank Aures

Der letzte Weynfeldt
SA 5.1. ZDF 21.45 Uhr