Beinahe wäre Liam Neeson zu einem Actionhelden des 20. Jahrhunderts geworden. Die James-Bond-Produzenten hatten den Iren 1994 als Nachfolger für den gefloppten 007 Timothy Dalton auserkoren. Doch Natasha Richardson hatte etwas dagegen. "Meine Frau sagte, wenn ich Bond spiele, heiratet sie mich nicht. Und ich wollte sie unbedingt heiraten", erinnert sich der 61-Jährige.

Er sagt das voller Wehmut. Nicht weil er seine Entscheidung bereut hat, sondern weil er seine Frau vor acht Jahren bei einem tragischen Skiunglück verlor. Dass er es nun doch zum Action­star geschafft hat, wirkt daher fast wie ein Wink des Schicksals.

In einem Alter, in dem einstige Stars wie Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger verzweifelt versuchen, an ihrem verblichenen Ruhm als Actionlegenden festzuhalten, hat Liam Neeson sie mit Grips statt Bizeps überflügelt. Dabei geriet der ehemalige Boxer, dessen Rollenspektrum vom Nazi-Sympathisanten mit Gewissen in "Schindlers Liste" bis zum liebevollen, alleinerziehenden Vater in "Tatsächlich, Liebe" reicht, nur zufällig ins Genre.

Kinohit statt Videoflop

Neeson ein Experiment. "Ich durfte drei Monate lang in Paris Dinge tun, die ich noch nie zuvor getan hatte. Und ich dachte mir: Was soll's, wenn ich es verbocke, landet es eben gleich auf Video." Eine Aussicht, die aufgrund der billigen "Ein Mann sieht Rot"-Thematik durchaus realistisch schien. Doch Neesons Präsenz verlieh dem Stoff so viel Seriosität, dass der Billigstreifen allein in den USA 145 Millionen Dollar einspielte. Seither kann sich der rüstige Fast-Rentner vor Actionangeboten kaum retten .

"Es ist fantastisch. Ich bin 61, und ich darf so etwas machen", gibt sich Neeson bescheiden.
Dabei ist er für Hollywood, was mal Bruce Willis, Nicolas Cage oder Denzel Washington waren: Actionstars mit Erfolgsgarantie.

Ob nun als besorgter Vater (für 2015 ist Teil drei von "96 Hours" geplant), im Überlebenskampf gegen Wölfe in "The Grey" oder jüngst im Kino als Air Marshal in "Non-Stop": Auf Neeson ist sowohl kommer­ziell als auch künstlerisch Verlass. Die Actionhelden des 21. Jahrhunderts sind eben besser.
The Grey
MO, 9.6., RTL, 22.10 Uhr