Ein krummes Männchen schlurft über den Schlosshof. Zerschlissene Uniform, gerupfte Federn am Hut, schwere Stiefel an den Füßen. Die Mühsal verlorener Schlachten lastet schwer auf den Schultern. Das soll Friedrich der Große sein?
"Ich bin eine Seele, die einen Leichnam herumschleppt." Der Stoßseufzer des Königs ist Katharina Thalbach Regieanweisung genug. Im Dokudrama zu Friedrichs 300. Geburtstag (24.1.) spielt sie den alten, Tochter Anna den jungen Fritz. Ein echter Besetzungscoup.
Während Katharina (57) aussieht, als könne sie gar nicht anders gehen als gebeugt, übernimmt Anna (38) den Part des aufrechten Idealisten, der aus dem barocken Engdenken ausbrechen will, Frankreich und die Aufklärung bewundert und den Instanzen des eigenen Staates misstraut.
In Friedenszeiten reformierte dieser Friedrich die deutsche Justiz. Der Krieg ließ nicht viel von ihm übrig. Natürlich habe sie sich gefragt, warum ich, verrät Katharina am Set. "Wir wollen den besten Friedrich, haben die gesagt. Das fand ich die profanste und die für mich befreiendste Antwort."
Tatsächlich kommen viele der Spielfilmsequenzen überraschend frisch daher. Mit dem König ihrer Kindheit hat die Rolle allerdings wenig gemein. "Wenn meine Großmutter in Stimmung war, nahm sie Stock und Mantel und paradierte als Fritz. Die Oma hat mich auch nach Sanssouci entführt und mir da alles gezeigt. Da war ich sechs. Ich wusste mehr über den Kunstfreund und Philosophen Friedrich als über den Krieg und die Schlachten."
So wenig Ähnlichkeit wie der alte mit dem jungen Fritz, so wenig hat das prachtvolle Sanssouci mit Schloss Oranienbaum gemein. Die Anlage bei Dessau liegt im Dornröschenschlaf. Hinter der Fassade offenbarte sich dem TV-Team ein wahrer Schatz: Unverputzte Wände für die einfachen Verhältnisse, in denen Friedrich in Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin aufwuchs.
Ein spartanischer Schlafraum, der dem Kronprinzen keinen Rückzug vor dem tobenden Vater bot. Eine staubige Zelle im Keller und im Speisesaal Delfter Fliesen. Oranienbaum war Sommersitz der niederländischen Fürstgemahlin. Friedrich II. war nie dort. Im Film sitzt er hier bei Erbsen, Bohnen und Speck. Und bekommt vom Vater vor versammelter Mannschaft des Tabakskollegiums einen Krug Ducksteiner über den Kopf. Damit er endlich zum Manne werde.
Vom Feingeist zum Feldherrn
Oranienbaum ist kein Ort für Ausstattungsorgien, aber einer, wie ihn Herstellungsleiter Frank Schmuck liebt: "Man lässt uns rein und nimmt das Geld. Irgendwann reicht es dann zur Restaurierung. Und wenn der Kasten wieder glänzt, ist er für uns gestorben. In Sanssouci darfst du ja nichts mehr anfassen."
Wer nicht darf oder aus Geldnot nicht kann, der muss andere Wege finden, um Historie zu entstauben. Autor Yuri Winterberg und Regisseur Jan Peter sind darin geübt. Für die ARD drehten sie Dokureihen wie "Mätressen" oder "Damals nach der DDR". Mit dem Abschied von Preußens Glanz und Gloria konzentrierten sie sich bei "Friedrich" ganz auf dessen Wandlung vom Feingeist zum Feldherrn.
Dem Schulfernsehen-Image entkommen sie durch Sprünge in der Erzählung, knapp gehaltene Kommentare, nette Illustrationen zum historischen Kontext und durch das Lachen der Thalbachs. Historisch ist es nicht verbürgt, dem Film tut es gut.
Martina Kalweit
"Ich bin eine Seele, die einen Leichnam herumschleppt." Der Stoßseufzer des Königs ist Katharina Thalbach Regieanweisung genug. Im Dokudrama zu Friedrichs 300. Geburtstag (24.1.) spielt sie den alten, Tochter Anna den jungen Fritz. Ein echter Besetzungscoup.
Während Katharina (57) aussieht, als könne sie gar nicht anders gehen als gebeugt, übernimmt Anna (38) den Part des aufrechten Idealisten, der aus dem barocken Engdenken ausbrechen will, Frankreich und die Aufklärung bewundert und den Instanzen des eigenen Staates misstraut.
In Friedenszeiten reformierte dieser Friedrich die deutsche Justiz. Der Krieg ließ nicht viel von ihm übrig. Natürlich habe sie sich gefragt, warum ich, verrät Katharina am Set. "Wir wollen den besten Friedrich, haben die gesagt. Das fand ich die profanste und die für mich befreiendste Antwort."
Tatsächlich kommen viele der Spielfilmsequenzen überraschend frisch daher. Mit dem König ihrer Kindheit hat die Rolle allerdings wenig gemein. "Wenn meine Großmutter in Stimmung war, nahm sie Stock und Mantel und paradierte als Fritz. Die Oma hat mich auch nach Sanssouci entführt und mir da alles gezeigt. Da war ich sechs. Ich wusste mehr über den Kunstfreund und Philosophen Friedrich als über den Krieg und die Schlachten."
So wenig Ähnlichkeit wie der alte mit dem jungen Fritz, so wenig hat das prachtvolle Sanssouci mit Schloss Oranienbaum gemein. Die Anlage bei Dessau liegt im Dornröschenschlaf. Hinter der Fassade offenbarte sich dem TV-Team ein wahrer Schatz: Unverputzte Wände für die einfachen Verhältnisse, in denen Friedrich in Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin aufwuchs.
Ein spartanischer Schlafraum, der dem Kronprinzen keinen Rückzug vor dem tobenden Vater bot. Eine staubige Zelle im Keller und im Speisesaal Delfter Fliesen. Oranienbaum war Sommersitz der niederländischen Fürstgemahlin. Friedrich II. war nie dort. Im Film sitzt er hier bei Erbsen, Bohnen und Speck. Und bekommt vom Vater vor versammelter Mannschaft des Tabakskollegiums einen Krug Ducksteiner über den Kopf. Damit er endlich zum Manne werde.
Vom Feingeist zum Feldherrn
Oranienbaum ist kein Ort für Ausstattungsorgien, aber einer, wie ihn Herstellungsleiter Frank Schmuck liebt: "Man lässt uns rein und nimmt das Geld. Irgendwann reicht es dann zur Restaurierung. Und wenn der Kasten wieder glänzt, ist er für uns gestorben. In Sanssouci darfst du ja nichts mehr anfassen."
Wer nicht darf oder aus Geldnot nicht kann, der muss andere Wege finden, um Historie zu entstauben. Autor Yuri Winterberg und Regisseur Jan Peter sind darin geübt. Für die ARD drehten sie Dokureihen wie "Mätressen" oder "Damals nach der DDR". Mit dem Abschied von Preußens Glanz und Gloria konzentrierten sie sich bei "Friedrich" ganz auf dessen Wandlung vom Feingeist zum Feldherrn.
Dem Schulfernsehen-Image entkommen sie durch Sprünge in der Erzählung, knapp gehaltene Kommentare, nette Illustrationen zum historischen Kontext und durch das Lachen der Thalbachs. Historisch ist es nicht verbürgt, dem Film tut es gut.
Martina Kalweit