Der Mann kann auch ganz anders. Seit mehr als 20 Jahren spielt Dietmar Bär den humorigen "Tatort"-Kommissar Freddy Schenk so glaubwürdig, dass für viele Zuschauer kein Unterschied mehr zwischen Schauspieler und Figur besteht. Die werden sicherlich ein bisschen schlucken, wenn sie Bär nun als prügelnden Despoten erleben. In dieser Rolle ist er nämlich auch sehr überzeugend.

TV SPIELFILM: Sie sind in "Kehrtwende" kaum wiederzuerkennen.

DIETMAR BÄR Ich habe nur den Bart abgenommen und die Haare wachsen lassen. Ich versuche immer, wenn ich nicht "Tatort" drehe, auch anders auszusehen als Freddy Schenk. Ich werde dann auf der Straße meist auch nicht erkannt.

Häusliche Gewalt - schwere Kost für einen Fernsehfilm.

DIETMAR BÄR Ich wollte gern einen Stoff umsetzen, der ein bisschen gehaltvoll ist, und habe meine Produzentin gebeten, nach einem geeigneten Drehbuch Ausschau zu halten. In der Tradition des guten alten Fern-sehspiels. In den 70er- und 80er-Jahren wurden darin sehr sozialkritische Themen behandelt. So bin ich aufgewachsen.

Ihr Thomas Schäfer schlägt nur zu Hause. In der Schule ist er ein beliebter Lehrer.

DIETMAR BÄR Meist hat man ja eine Verabredung im Kopf. Man weiß: Jetzt bin ich in der Schule. Er handelt nicht vorsätzlich und leidet auch unter diesen Schüben. Der Film erzählt ja auch von der Koabhängigkeit seiner Frau. Sie deckelt die Situation jahrelang. Das sind alles klassische Muster. Thomas Schäfer will nicht so sein. Es tut ihm hinterher leid.

Schäfer ist kein Asozialer, sondern bürgerlicher Normalo...

DIETMAR BÄR Uns war wichtig, dass wir nicht jemanden zeigen, der irgendwo aus der Bronx kommt und - wie heißt es so schön - bildungsfern ist. Thomas Schäfer trinkt nicht zehn Dosen Bier, bis er sich entlädt. Die häusliche Gewalt beschränkt sich nicht auf Schichten. Man denkt immer: Natürlich, in den bildungsfernen Hartz-IV-Familien sitzt die Hand locker. Nein, es sind auch Ärzte und Anwälte, die zuschlagen.

Frank Aures