HANNELORE ELSNER IM TV
Sie ist immer für eine Überraschung gut. Hannelore Elsner, Schauspielerin, Mutter, letzte Diva des deutschen Films, kann hinreißend sein und mit Charme eine große Runde blendend unterhalten. Aber schon im nächsten Augenblick kann ihre Stimmung so abrupt wechseln wie das Wetter im April. Keiner weiß, warum das so ist, aber jeder hofft, dass ihn ein solches Gewitter nicht erwischen wird.

Bei der Präsentation eines Dokufilms über ihr Leben gab es neulich allerdings kein Entrinnen. Dabei hatte der Programmdirektor der ARD eigens seinen Urlaub unterbrochen, um Hannelore Elsner persönlich zu begrüßen. Die Schauspielerin wird 70, aus diesem Anlass schenkt ihr Das Erste eine TV-Dokumentation aus der Reihe "Deutschland, deine Künstler". Volker Herres also machte in Hamburg artig den Zeremonienmeister, und Madame gab sich entzückt. Zumindest kurzfristig.

Der Geburtstagsfilm zeigt, wie bei solchen Anlässen üblich, die Porträtierte von ihrer Schoko­ladenseite. Wir erfahren, dass sie ihre Wurzeln im bayerischen Burghausen hat, Klosterschü­lerin war, sehen die blutjunge Hannelore Elsner in ihren ersten Filmrollen und auf Fotos strahlend schön neben Kollegen wie Mario Adorf oder Regisseuren wie Will Tremper.

Wir hören, dass sie sich früher ans Kitschkino verschwendete (sie drehte Pauker- und Lümmel-Filme mit Peter Alexander, Theo Lingen und Hansi Kraus), zwischendrin Theater spielte und beinahe für die große Karriere zu alt gewesen wäre, als die ARD sie 1994 mit 52 Jahren zur Kommissarin Lea Sommer machte. Eine Rolle, die sie 12 Jahre und 60 Folgen lang spielte.

Doch erst Oskar Roehler, der sie 2000 für "Die Unberührbare" besetzte, verhalf ihr zu dem Erfolg, den sich die Überehrgeizige schon als junges Mädchen ersehnt hatte. In diesem Film verarbeitet Roehler die letzte Phase im Leben der Schriftstellerin Gisela Elsner, einer einsamen, nikotinsüchtigen, am Leben verzweifelnden Frau - seiner Mutter.

Hannelore Elsner spielte sie schutzlos, selbstzerstörerisch und mit solch brachialem Mut zur hoffnungslosen Verlorenheit, dass sie zu Recht den Deutschen Filmpreis erhielt und seither in der ersten Riege der deutschen Darstellerinnen steht.

Aber als sie drei Jahre später für das Solo "Mein letzter Film" erneut die Lola bekam, zeigte sie in ihrer Dankesrede, wie egozentrisch und überheblich sie ist: "Die habe ich mir verdient", sagte sie todernst und verspielte sich damit viele Sympathien. Solche Momente sehen wir natürlich nicht in der Geburtstagsdoku.

Die Lady ist ein Biest

In der darf sie sich sympathisch, einsichtig und bisweilen sogar küchenphilosophisch geben. "Je älter man wird, desto dünner wird die Haut", sinniert sie, "und das ist auch gut so, sonst hätte man eine Elefantenhaut, und ich will keine Elefantenhaut."

Die braucht sie auch nicht - im Gegensatz zu den Menschen, die mit ihr umgehen müssen. Beim Pressetermin in Hamburg beispielsweise bürstete sie erst den ARD-Kollegen ab, der schon seit vielen Jahren bestens vorbereitet durch solcherlei Veranstaltungen führt, und fuhr in den anschließenden Interviews den Journa­listen über den Mund, weil ihr deren Fragen nicht passten.
"Ach, was könnte das für ein schöner Tag sein", seufzte sie in Richtung ihrer Entourage, während der sie befragende Hör­funk­kollege nicht wusste, wie ihm geschah, "wenn nur diese dummen Journalisten nicht wären." Lebenskluge PR in eigener Sache sieht anders aus.

Susanne Sturm

Alles auf Zucker
MI, 18.7., Das Erste, 20:15 Uhr

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MI, 18.7., Das Erste, 21:45 Uhr