Eine riesige Flutwelle begräbt in der Nacht vom 8. auf den 9. November 2072 Venedig unter sich. Wenige Jahre später baut ein chinesischer Telekommunikationskonzern die Stadt als eine Art Disneyland für Erwachsene auf, mit dem Markusplatz als Arena für Gladiatorenkämpfe.
Das Venedig Prinzip
DI 16.7. Das Erste 22.45 Uhr
Das Venedig Prinzip
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So schlimm wie in der Satire "La seconda mezzanotte" (2011) des Autors Antonio Scurati wird es wohl nicht kommen. Doch für viele Venezianer hat der Verfasser den Finger in eine Wunde gelegt, die schon heute schmerzt. Auch in der Doku "Das Venedig Prinzip", die Das Erste jetzt zeigt, ärgern sich die Einheimischen über den mangelnden Schutz vor dem Hochwasser und die ignoranten Fremden in der Stadt.
Kein Wunder, dass sich der Protest am boomenden Kreuzfahrttourismus entzündet. Schiffe wie die 333 Meter lange und 60 Meter hohe "MSC Divina" stoßen so viel Abgase aus wie 14000 Pkws und verdrängen Tausende Tonnen Wasser, die gegen die Ufer drücken. Durch die tiefen Fahrrinnen, die solche schwimmenden Hochhäuser benötigen, schießt bei der Flut immer mehr Wasser aus dem Meer in die Lagune.
Der Pegel steigt und verwandelt bei Hochwasser (acqua alta) Teile der Stadt in einen See. Die Überschwemmungen haben im vergangenen Jahrzehnt an Heftigkeit und Häufigkeit zugenommen - möglicherweise auch als Folge der Klimaerwärmung.
Um sich dagegen zu wappnen, baut die Stadt seit 2003 riesige Flutbarrieren. Nicht anders als bei Großprojekten in Berlin oder Stuttgart verzögert sich auch in Venedig der Bau immer weiter und wird von Jahr zu Jahr teurer. Statt 3,5 bis 4 Milliarden Euro wie anfangs kalkuliert dürfte der Flutschutz bei der geplanten Fertigstellung 2016 eher das Doppelte kosten, dazu geschätzte 20 Millionen Unterhalt im Jahr.
Kritiker halten das Projekt für einen Irrweg. Sie befürchten eine Verseuchung der Lagune, wenn bei häufig geschlossenen Toren die Abwässer der Industrie nicht mehr ins Meer fließen können. Die Verlagerung des Hafens für Kreuzfahrtschiffe auf die offene See wäre eventuell effektiver.
Aber aus Angst, Touristen zu verprellen, die gern vom obersten Deck auf den Markusplatz hinunterschauen möchten, öffnet die Stadt weiterhin die Tore für die Giganten der Meere. Die Geldgier könnte Venedig eines Tages noch teuer zu stehen kommen. Ein Manövrierfehler wie derjenige, der Anfang 2012 zum Untergang des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" vor der Insel Giglio führte, würde in Venedig Teile des Weltkulturerbes zerstören.
Rainer Unruh
Das Venedig Prinzip
DI 16.7. Das Erste 22.45 Uhr
Kein Wunder, dass sich der Protest am boomenden Kreuzfahrttourismus entzündet. Schiffe wie die 333 Meter lange und 60 Meter hohe "MSC Divina" stoßen so viel Abgase aus wie 14000 Pkws und verdrängen Tausende Tonnen Wasser, die gegen die Ufer drücken. Durch die tiefen Fahrrinnen, die solche schwimmenden Hochhäuser benötigen, schießt bei der Flut immer mehr Wasser aus dem Meer in die Lagune.
Der Pegel steigt und verwandelt bei Hochwasser (acqua alta) Teile der Stadt in einen See. Die Überschwemmungen haben im vergangenen Jahrzehnt an Heftigkeit und Häufigkeit zugenommen - möglicherweise auch als Folge der Klimaerwärmung.
Um sich dagegen zu wappnen, baut die Stadt seit 2003 riesige Flutbarrieren. Nicht anders als bei Großprojekten in Berlin oder Stuttgart verzögert sich auch in Venedig der Bau immer weiter und wird von Jahr zu Jahr teurer. Statt 3,5 bis 4 Milliarden Euro wie anfangs kalkuliert dürfte der Flutschutz bei der geplanten Fertigstellung 2016 eher das Doppelte kosten, dazu geschätzte 20 Millionen Unterhalt im Jahr.
Kritiker halten das Projekt für einen Irrweg. Sie befürchten eine Verseuchung der Lagune, wenn bei häufig geschlossenen Toren die Abwässer der Industrie nicht mehr ins Meer fließen können. Die Verlagerung des Hafens für Kreuzfahrtschiffe auf die offene See wäre eventuell effektiver.
Aber aus Angst, Touristen zu verprellen, die gern vom obersten Deck auf den Markusplatz hinunterschauen möchten, öffnet die Stadt weiterhin die Tore für die Giganten der Meere. Die Geldgier könnte Venedig eines Tages noch teuer zu stehen kommen. Ein Manövrierfehler wie derjenige, der Anfang 2012 zum Untergang des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" vor der Insel Giglio führte, würde in Venedig Teile des Weltkulturerbes zerstören.
Rainer Unruh
Das Venedig Prinzip
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