.

Einer von ihnen

Lange vor Hoeneß: "Landauer - Der Präsident"

Kurt Landauer, ein Jude, machte den FC Bayern groß. Ein Film "Landauer - Der Präsident" (MI, 15.10.) erzählt die Geschichte des vergessenen Helden

Es war im Februar, kurz vor der Bundesligapartie gegen Eintracht Frankfurt in der Südkurve der Münchner Allianz Arena: Mit einer Stadion-Choreografie erinnert die Fangruppierung "Schickeria" an Kurt Landauer, einen der frühen Präsidenten des FC Bayern, der Vereinsgeschichte schrieb und doch bis vor Kurzem so gut wie vergessen war.

Warum, das zeigt der TV-Film "Landauer - Der Präsident" mit Josef Bierbichler in der Rolle des charismatischen jüdischen Clubchefs, der die Bayern 1932 zum ersten Meistertitel führte, ein Jahr später seinen Posten aufgeben musste, im KZ Dachau interniert wurde, ins Schweizer Exil flüchtete und dennoch 1947 nach München zurückkehrte, um "seinen" Verein ein zweites Mal aufzubauen.
Vier Jahre lang führte Landauer den FC Bayern noch einmal als Präsident, danach breitete sich der Mantel des Schweigens über seine einzigartige, tragische Geschichte. "Man wollte nicht mehr daran erinnert werden, an das, was man eigentlich nicht vergessen darf", glaubt "Schickeria"-Sprecher Simon Müller. Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des Clubs, bekennt bei einem Besuch der Dreharbeiten, dass in seiner aktiven Zeit als Spieler zwischen 1974 und 1984 nie von dem Mann gesprochen worden sei.

Mittlerweile wird Landauer, der heute von der Vereinsführung als "Vater des modernen FC Bayern" bezeichnet wird und 2013 posthum zum Ehrenpräsidenten erklärt wurde, im Clubmuseum gewürdigt - ebenso wie andere jüdische Vereinsmitglieder. Nicht nur beim FC Bayern, in vielen Vereinen waren Juden bis 1933 ein selbstverständlicher Teil des Sports, hatten als Spieler und Funktionäre herausragende Rollen inne: Eintracht Frankfurt mit einer Vielzahl jüdischer Förderer, der Karlsruher FV mit seinen Nationalspielern Fuchs und Hirsch, der 1. FC Nürnberg mit Trainerlegende Jenö Konrád. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem 1933 erlassenen "Arierparagrafen" drängten die Clubs ihre Vereinskameraden dann ins Aus und sorgten dafür, dass jegliche Erinnerungen aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt wurden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Passend zum Inhalt finden Sie hier einen externen Inhalt von YouTube. Aufgrund Ihrer Tracking-Einstellung ist die technische Darstellung nicht möglich. Mit dem Klick auf „YouTube-Video anzeigen“ willigen Sie ein, dass Ihnen ab sofort externe Inhalte dieses Dienstes angezeigt werden.

YouTube-Video anzeigen

Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Über den Privacy Manager im Footer können Sie die aktivierten Funktionen wieder deaktivieren.



Nach der akademischen Aufarbeitung der jüdischen Geschichte des deutschen Fußballs haben in den letzten Jahren vor allem die Fangruppen eine breite Kultur des Erinnerns vorangetrieben. Dabei geht es nicht nur darum, vergessenen Fußballhelden den ihnen gebührenden Platz zurückzugeben.

"Kurt Landauer ist eine Person, die für uns die Identität des Vereins verkörpert - weltoffen, antirassistisch", so Simon Müller. In der NS-Zeit wurde der FC Bayern als Judenklub verhöhnt. Die antisemitischen Pöbeleien waren nach dem Krieg schnell verklungen; ob sie auch aus den Köpfen verschwunden waren, ist eine andere Frage. Die Probleme des Fußballs am rechten Flügel sind bekannt. Die "Schickeria" wurde für ihr Engagement mit dem Julius-Hirsch-Preis des DFB geehrt, benannt nach jenem herausragenden Fußballspieler, der nicht nur zweimal die deutsche Meisterschaft errang, sondern auch als erster Deutscher vier Tore in einem Länderspiel schoss. 1943 wurde Hirsch ins KZ Auschwitz deportiert und ermordet.

Nach dem Spielfilm im Ersten wollen sich die Doku Landauer - gefeiert, verbannt, vergessen um 22 Uhr im BR und ein anschließender Talk unter anderem dem zwiespältigen Verhältnis des FC Bayern München zu seinem vielleicht größten Präsidenten nähern.

Heiko Schulze

Landauer - Der Präsident
MI 15.10. Das Erste 20.15 Uhr

Davidstern in der Fankurve: Europäische "Judenclubs"

Sie bezeichnen sich als "Superjuden", nennen sich "Yids" oder "Yid Army". Die Fans von Ajax Amsterdam und dem Londoner Club Tottenham Hotspur pflegen demonstrativ eine jüdische Identität ihres Vereins. Die israelische Flagge gehört zum gewohnten Bild auf den Rängen, einige Anhänger haben sich den Davidstern tätowieren lassen.