Ungewohnt ist es für beide. Anna Maria Mühe, die normalerweise dramatische Figuren in Filmen wie "Novemberkind" spielt, schlüpft für den 3sat-Zuschauerpreis in die Rolle einer Präsentatorin. Zu jedem der zwölf Wettbewerbsfilme gibt die 25-jährige Tochter von Schauspieler Ulrich Mühe im Abendprogramm einige Informationen zu den Arbeiten ihrer Kollegen.

Christoph Maria Herbst, den Comedyfreunden besser bekannt als Büro-Ekel Stromberg, spielt nach langer Zeit mal wieder eine ernste Rolle. Er ermittelt als exzentrischer Kommissar im Krimi "Kreutzer kommt", der im Wettbewerb läuft. In TV SPIELFILM sprechen die beiden TV-Stars über die nominierten Filme und über sich - wobei sich zeigt, dass die Mühe den Herbst ganz toll findet und der Herbst die Mühe ganz schrecklich, Stromberg eben.

TV SPIELFILM: Frau Mühe, Sie stellen die Filme den Zuschauern vor...

CHRISTOPH MARIA HERBST Hohe Verantwortung. Du könntest die Zuschauer beeinflussen.

ANNA MARIA MÜHE Ja, aber ich habe mir Mühe gegeben, neutral zu bleiben. Das ist mir bei deinem Film "Kreutzer kommt" allerdings nicht gelungen. Den fand ich einfach zu gut...

Ach was! Hat der Chancen auf den Sieg?

ANNA MARIA MÜHE Mal sehen. Mich hat er jedenfalls sehr gut unterhalten. Ich mochte die Dialoge, und der Detektiv in mir wurde geweckt.

CHRISTOPH MARIA HERBST Ich mag an dem Film, dass die Ermittlerfigur modern ist, sich aber in einem klassischen "Wer ist der Mörder"-Plot bewegt. Ein greiser "Miss Marple"-Atem wabert über allem.

Sie sind darin ein richtiger, ein "ernster" Kommissar.

CHRISTOPH MARIA HERBST Ja. Der Charakter ist zwar wieder sehr extrem, was Stromberg auch ist, aber das Genre ist Krimi. Nicht Comedy.

ANNA MARIA MÜHE Es ist toll, dass der Sender sich getraut hat, einen Krimi mit so einem exzentrischen Ermittler zu drehen.

Drehbuchautor Christian Jeltsch hat den Stoff allerdings auch jahrelang vergeblich angeboten.

CHRISTOPH MARIA HERBST Das stimmt. Fünf Jahre lang. Allerdings verändert sich in so einem Zeitraum auch das, was extrem gefunden wird. Was war das für ein Aufschrei, als Götz George als Kommissar Schimanski zum ersten Mal "Scheiße" gesagt hat. Das war, als du, liebe Anna, noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen bist.

Und jetzt ist Schimanski out.

ANNA MARIA MÜHE Nee. Der ist nie out.

CHRISTOPH MARIA HERBST Ich bin auch unfassbarer Götz-George-Fan. Der kann Schimanski auch noch im Rollstuhl spielen. Völlig egal. Ich sehe mir das trotzdem gern an.

Zu den Filmen: "Kongo" erzählt von einem deutschen Militäreinsatz in Afrika. Bundeswehr - das große unerzählte Filmthema?

CHRISTOPH MARIA HERBST Keine Ahnung, aber wenn das so ist, können wir uns doch alle freuen: neue Spielorte, neue Kostüme und für die Autoren neue Recherchefelder.

Die ebenfalls nominierte Komödie "Fasten à la carte" wurde von Drehbuch-Neulingen geschrieben. Kommen die frischen Ideen vor allem vom Nachwuchs?

CHRISTOPH MARIA HERBST "Fasten à la carte" - klingt wie ein Bulimie-Drama ...

ANNA MARIA MÜHE Nein, das ist mit Dietmar Bär als Gastro-Kritiker, der seinen Geschmackssinn verliert. Beim Fasten auf Sylt will er ihn wiederfinden. Das ist lustig.

CHRISTOPH MARIA HERBST Okay. Zu der Frage: Man kann es nicht am Alter festmachen. Ich kenne diverse ältere Autoren, aus deren Gänsekielen ein sehr frischer Wind bläst. Aber ich freue mich über jeden jungen Schreiber, der in die Branche drängt. Das ist Nachwuchs, den muss man fördern.

ANNA MARIA MÜHE Das stimmt. Ich mache deshalb auch immer wieder in Studentenfilmen mit. Die werden oft mit großer Leidenschaft gemacht und bringen einen auch auf Festivals, wo man junge Filmemacher kennenlernt.

CHRISTOPH MARIA HERBST Man kann sich darin in Rollen ausprobieren, die einem normalerweise nicht angeboten werden, andere Seiten zeigen.

Frau Mühe, Sie spielen meist sehr ernste Stoffe. Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen immer wieder ähnliche Rollen angeboten werden?

ANNA MARIA MÜHE Ich habe eher das Gefühl, dass ich wahnsinnig viel Glück habe mit meinen Rollen. Die sind zwar meist dramatisch, das finde ich aber nicht schlimm. Eine kluge Komödie würde ich aber auch gern mal machen.

Wie würde das Fernsehen aussehen, wenn die Zuschauer grundsätzlich am Programm beteiligt wären?

ANNA MARIA MÜHE Vielleicht wäre die Mischung besser. Tagsüber läuft schon ziemlich viel Quatsch.

CHRISTOPH MARIA HERBST Ich finde die Mischung eigentlich gut. Wir haben doch eine große Vielfalt. Man kann doch sein eigener Programm-direktor sein. Wenn man seine Fernbedienung benutzt und selektiv guckt, findet man doch immer etwas, das einem gefällt.

Was wollen Sie im Fernsehen nicht mehr sehen?

CHRISTOPH MARIA HERBST Ich könnte jetzt sagen: bitte keine Koch- und keine Castingshows mehr. Aber momentan gucken die Leute das eben gern, und das ist ja auch in Ordnung. Diese Anna Maria Mühe allerdings, die kann ich auf dem Bildschirm wirklich nicht mehr ertragen ...

ANNA MARIA MÜHE (lacht laut auf) Und ich will nur noch Christoph Maria Herbst sehen! Jeden Tag! 24 Stunden!

Frank Aures