Am 26. Februar werden die Oscars verliehen. Pro Sieben berichtet ab 23.20 Uhr vom roten Teppich. Und zeigt zur Einstimmung auf die lange Hollywood-Nacht David Finchers "Gone Girl - Das perfekte Opfer".
Das muss ein Missverständnis sein. Der Regisseur war im Lauf seiner Karriere zweimal nominiert, für "Der seltsame Fall des Benjamin Button" und "The Social Network", ging aber beide Male leer aus. Zwar gewannen beide Filme je drei Oscars, bis auf den Drehbuchpreis für "Social Network" waren das jedoch nur Nebenkategorien. Nein, David Fincher und die Oscars, das wird wohl keine Liebesgeschichte mehr. Die Academy favorisiert Helden, die übers Drama zum Guten finden.
In David Finchers Geschichten aber feiert das Gute keine Triumphe. Weshalb die Helden am Ende zerbrechen oder, noch schlimmer, der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Sein Kino ist groß, aber dunkel und zwanghaft. David Fincher ist der Architekt der Angst.
Das muss ein Missverständnis sein. Der Regisseur war im Lauf seiner Karriere zweimal nominiert, für "Der seltsame Fall des Benjamin Button" und "The Social Network", ging aber beide Male leer aus. Zwar gewannen beide Filme je drei Oscars, bis auf den Drehbuchpreis für "Social Network" waren das jedoch nur Nebenkategorien. Nein, David Fincher und die Oscars, das wird wohl keine Liebesgeschichte mehr. Die Academy favorisiert Helden, die übers Drama zum Guten finden.
In David Finchers Geschichten aber feiert das Gute keine Triumphe. Weshalb die Helden am Ende zerbrechen oder, noch schlimmer, der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Sein Kino ist groß, aber dunkel und zwanghaft. David Fincher ist der Architekt der Angst.
Filme aus der Finsterwelt
Interviews gibt er ungern, aber wenn, sind seine Sprüche so over-the-top wie sein ganzes Werk. "Ich stand immer schon auf Filme, die Angst machten. Was ich am ,Weißen Hai‘ liebe, ist, dass ich danach niemals wieder im Ozean schwimmen ging."
Ikonografische Bilder der Furcht lieferte Fincher bislang in beinahe jedem seiner Filme. Da ist
Sigourney Weaver in "Alien 3", die ihren kahl rasierten Schädel vor dem Grauen beugt. Da sind die bizarr hergerichteten Mordopfer in "Sieben", die verzweifelte Grimasse von Michael Douglas in "The Game". Brad Pitts dekorativ angeschwollene Fresse im "Fight Club", das Flimmern der Überwachungsmonitore im "Panic Room". Jake Gyllenhaals angstvoll aufgerissene Augen in
"Zodiac - Die Spur des Killers". In der Finsterwelt des David Fincher misstraut jeder seinem Nächsten wie sich selbst.
Ikonografische Bilder der Furcht lieferte Fincher bislang in beinahe jedem seiner Filme. Da ist
Sigourney Weaver in "Alien 3", die ihren kahl rasierten Schädel vor dem Grauen beugt. Da sind die bizarr hergerichteten Mordopfer in "Sieben", die verzweifelte Grimasse von Michael Douglas in "The Game". Brad Pitts dekorativ angeschwollene Fresse im "Fight Club", das Flimmern der Überwachungsmonitore im "Panic Room". Jake Gyllenhaals angstvoll aufgerissene Augen in
"Zodiac - Die Spur des Killers". In der Finsterwelt des David Fincher misstraut jeder seinem Nächsten wie sich selbst.
Professionell oder obsessiv oder beides?
Lustvoll kultiviert der Mann mit dem akkurat
gestutzten Bärtchen das Image eines Misanthropen
à la Hitchcock, der zum Lachen in den Keller geht: "Du hast Verantwortung dafür, was das Publikum fühlt! Und ich möchte, dass es sich unbehaglich fühlt."
Daran arbeitet David Fincher hart wie kein Zweiter, er ist, ähnlich wie Michael Mann ("Heat"), einer der großen Perfektionisten im Big-Budget-Kino. Kaum einer dreht mehr Einstellungen, kaum einer plant so akribisch und detailversessen und mit solch künstlerischer Konsequenz. Er kann ziemlich ungnädig werden, wenn ihm einer dazwischenfunkt.
"Meine Idee von Professionalität ist das, was die meisten Menschen wohl obsessiv nennen würden", sagt er in angemessener Selbsteinschätzung. Das Ergebnis sind Filme, die man nicht vergisst. Auch wenn nicht jeder ein Meilenstein ist, visuell perfekt durchgestylt sind sie alle. Und wenn die Farben mal
bunt sind und die Sonne knallt, kann man gewiss sein, dass das Böse gleich besonders hinterhältig zuschlägt.
Es gibt keine Belege dafür, aber instinktiv verdächtigt man ihn, damit die schattigen Winkel der eigenen Paranoia und Ängste auszuloten. In seinem Werk ist die Liebe ein Ding der Unmöglichkeit - besonders leidenschaftlich vorgeführt in der ambitionierten Fantasyromanze "Der seltsame Fall des Benjamin Button", in dem Brad Pitt als Greis zur Welt kommt und jung stirbt. Schiebt man das Tragische dieses Films beiseite, treten das Groteske und das verdeckt Makabre zutage.
Letzteres lebt Fincher sechs Jahre später in "Gone Girl" schon deutlicher aus. Der kokett mit den Erwartungen der Zuschauer und ihrer gemeinen
Lust am Spekulieren spielende Thriller nach dem Bestseller von Gillian Flynn schrie geradezu danach, von diesem Regisseur gedreht zu werden.
"Gone Girl" beginnt als American-Noir-Krimi, wandelt sich zum ironischen Psychothriller und endet als medial entgleiste Seifenoper. Ben Afflecks
Nick Dunne ist der ewige männliche Spacko, blamiert bis auf die Unterhose, seine Frau (Oscar-nominiert: Rosamund Pike) das ultimative
Manipulationsbiest. Die Institution der Ehe wird zur Bühne eines gnadenlosen Machtkampfs, der über Leichen geht. Viel hämischer kann Mainstreamkino
kaum sein.
Ein Film, den man nicht unbedingt ins Herz schließt. Aber einer, der den Masterplan, sein Publikum zu packen, zu hundert Prozent umsetzt. Der 54-jährige Fincher zieht sein Ding durch. Seine Passion gilt einer Sache: der Magie, die ein Kinosaal entfaltet, wenn die Lichter langsam ausgehen. Und es dunkel wird.
Autor: Kai Nungesser
gestutzten Bärtchen das Image eines Misanthropen
à la Hitchcock, der zum Lachen in den Keller geht: "Du hast Verantwortung dafür, was das Publikum fühlt! Und ich möchte, dass es sich unbehaglich fühlt."
Daran arbeitet David Fincher hart wie kein Zweiter, er ist, ähnlich wie Michael Mann ("Heat"), einer der großen Perfektionisten im Big-Budget-Kino. Kaum einer dreht mehr Einstellungen, kaum einer plant so akribisch und detailversessen und mit solch künstlerischer Konsequenz. Er kann ziemlich ungnädig werden, wenn ihm einer dazwischenfunkt.
"Meine Idee von Professionalität ist das, was die meisten Menschen wohl obsessiv nennen würden", sagt er in angemessener Selbsteinschätzung. Das Ergebnis sind Filme, die man nicht vergisst. Auch wenn nicht jeder ein Meilenstein ist, visuell perfekt durchgestylt sind sie alle. Und wenn die Farben mal
bunt sind und die Sonne knallt, kann man gewiss sein, dass das Böse gleich besonders hinterhältig zuschlägt.
Es gibt keine Belege dafür, aber instinktiv verdächtigt man ihn, damit die schattigen Winkel der eigenen Paranoia und Ängste auszuloten. In seinem Werk ist die Liebe ein Ding der Unmöglichkeit - besonders leidenschaftlich vorgeführt in der ambitionierten Fantasyromanze "Der seltsame Fall des Benjamin Button", in dem Brad Pitt als Greis zur Welt kommt und jung stirbt. Schiebt man das Tragische dieses Films beiseite, treten das Groteske und das verdeckt Makabre zutage.
Letzteres lebt Fincher sechs Jahre später in "Gone Girl" schon deutlicher aus. Der kokett mit den Erwartungen der Zuschauer und ihrer gemeinen
Lust am Spekulieren spielende Thriller nach dem Bestseller von Gillian Flynn schrie geradezu danach, von diesem Regisseur gedreht zu werden.
"Gone Girl" beginnt als American-Noir-Krimi, wandelt sich zum ironischen Psychothriller und endet als medial entgleiste Seifenoper. Ben Afflecks
Nick Dunne ist der ewige männliche Spacko, blamiert bis auf die Unterhose, seine Frau (Oscar-nominiert: Rosamund Pike) das ultimative
Manipulationsbiest. Die Institution der Ehe wird zur Bühne eines gnadenlosen Machtkampfs, der über Leichen geht. Viel hämischer kann Mainstreamkino
kaum sein.
Ein Film, den man nicht unbedingt ins Herz schließt. Aber einer, der den Masterplan, sein Publikum zu packen, zu hundert Prozent umsetzt. Der 54-jährige Fincher zieht sein Ding durch. Seine Passion gilt einer Sache: der Magie, die ein Kinosaal entfaltet, wenn die Lichter langsam ausgehen. Und es dunkel wird.
Autor: Kai Nungesser